Folgt den Scouts!

Medienscouts im Norden machen Schüler*innen aus jüngeren Klassen fit für eine sichere Mediennutzung. Sie wissen, was läuft - und haben für uns bei einem Treffen in Bad Segeberg Vorschläge für Regeln und Verbote zusammengetragen, die aus unserer Sicht Sinn machen.


Das Foyer der Jugendakademie in Bad Segeberg ist bunt beleuchtet, ein DJ sorgt für musikalische Begleitung: Willkommen beim „HIVE Barcamp 2024 für Medienscouts in Bad Segeberg! Ein Barcamp ist eine Spontan-Konferenz, bei der die Themen für die „Session" genannten Workshops erst am Veranstaltungstag von den Teilnehmerinnen vorgeschlagen und entschieden werden. Heute werden sich Medienscouts aus dem Norden vernetzen, insgesamt sind rund 50 Personen angereist, darunter auch Lehrerinnen, Verantwortliche aus dem Bildungsministerium und von verschiedenen Trägern der Jugendarbeit. Alle haben eins gemeinsam: Sie brennen für ihr Thema.

Die Moderatorin sammelt nach der Begrüßung Themen ein, die behandelt werden sollen. Wer eine Idee hat, steht einfach im großen Stuhlkreis auf und sagt ein paar Worte dazu. Die Themen decken die öffentlichen Diskussionen rund um die Mediennutzung von Jugendlieben gut ab: So werden halbstündige Sessions zu Cybergrooming und Sexualität im Netz, dem Einfluss von künstlicher Intelligenz, Fake News, Gaming, Social Media und Essstörungen, Sicherheit im Internet und Influencer-Challenges an Schulen angeboten - und angenommen.

Als Landeskoordinierungsstelle für Medienpeers in Schleswig-Holstein organisiert der Verein Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein (AKJS) das HIVE-Barcamp. Auch das scout-Magazin schlägt eine Session vor, zu unserem Heftthema „Alles verbieten!?". Wenig später finden wir uns mit etwa einem Dutzend Teilnehmerinnen wieder in einem Raum, der gemütlich mit Sofas bestückt ist. Die Scouts erzählen von den Erfahrungen mit Smartphone-Nutzung an ihren Schulen. Da wird schnell klar: Einen landesweit gleichen Umgang mit Regeln und Verboten gibt es nicht. Jede Schule kocht ihr eigenes Süppchen. Manche verbieten die Handynutzung während der Schulzeit ganz, die Geräte müssen komplett unsichtbar sein. Schaut auch nur ein Stück aus der Hosentasche heraus, werden die Geräte eingezogen. Andere bieten stattdessen Medienpausen oder Räume an, in denen die Handys ans Licht dürfen. Die Daumenregel: Je älter die Schülerinnen, umso mehr Ausnahmen werden zugelassen. Manche Schulen erlauben die Nutzung von mitgebrachten Smartphones im Unterricht, zum Beispiel um ein Projekt fertig zu machen. Es gibt auch eine Schule mit „Ein-Kopfhörer-Regel": Hier dürfen die Schülerinnen Musik hören, aber eben nur mit einem Stöpsel im Ohr, „um ansprechbar zu sein".

Unter dem Strich haben die meisten Verständnis dafür, dass es Regeln geben muss, um Ablenkung vom Unterricht zu minimieren. Genervt sind die Schülerinnen von absurden Umsetzungen: Handy-Nutzung ist verboten, aber Vertretungsstunden werden über die Schulapp mitgeteilt. Eine Schülerin sagt: „Strikte Smartphone-Regeln beißen sich offensichtlich damit, dass wir immer digitaler aufgestellt sein sollen!" Eine Lehrerin unterstreicht: „Es gibt auch eine Diskrepanz zwischen den jeweiligen Regeln und wie sie dann wirklich umgesetzt werden."

Die Scouts berichten davon, dass Lehrerinnen ganz unterschiedlich vorgehen: “Manche sind da ganz cool und schauen weg, wenn mal kurz ein Handy gezückt wird. Vielen ist es auch egal. Andere schleichen durch die Gänge, um Schülerinnen dabei zu erwischen. Die machen sich das richtig zur Aufgabe!" Das wird dann zu einem Katz-und-Maus-Spiel: „Superviele Schülerinnen gehen natürlich trotz Verbots heimlich ans Handy!"

Einigkeit herrscht in der Runde, dass reine Verbote nicht sinnvoll sind: „Wir müssen stattdessen erklären, wie ein besserer Umgang aussieht!", sagt Basti, ein Medienscout aus Neumünster. Der 17-Jährige besucht in dieser Funktion auch Grundschulen: „Damit müssen wir früh anfangen. Letztes Jahr war ich in einer 4. Klasse, da hatte knapp die Hälfte Smartphones. Dieses Jahr waren es fast alle!"

Die Scouts im Sofaraum sind sich einig: Bei Regelungen zur Handynutzung sollte es um mehr gehen als nur um die gestörte Konzentration im Unterricht. Sie stoßen auch Fragen des Jugendschutzes an. Ray zum Beispiel hat als Medienscout im Gespräch mit einer 6. Klasse gleich über zwei Fälle von Cybergrooming gesprochen: „Sie konnten sich anvertrauen, das hat ihnen sehr geholfen!" So sind die meisten Scouts durchaus für Altersgrenzen bei der Social-Media-Nutzung: „Es darf nicht sein, dass Zehnjährige TikTok-Videos hochladen, und das mit offenen Profilen", findet Fiete (15 Jahre) aus Lübeck.

Fiete, Basti und Lex (17 Jahre, wie Basti aus Neumünster) machen auch bei Teil 2 der Session mit: dem Aufstellen einer „kleinen Charta Mediennutzung" rund um Regeln und Verbote. Ein Anstoßgleich vorneweg von Fiete: „Macht mit bei den Medienscouts! Ergreift die Initiative, wenn es noch keine an eurer Schule gibt. Oder engagiert euch in bestehenden Gruppen." Basti sagt: „Nur zwei oder drei Schüler müssen einen Lehrer begeistern. Der muss dann die Schulleitung überzeugen - und schon wird gestartet." Lex fügt hinzu: „Das kostet wirklich nicht viel Geld, hat aber eine große Wirkung!"

Fiete, Basti und Lex (17 Jahre, wie Basti aus Neumünster) machen auch bei Teil 2 der Session mit: dem Aufstellen einer „kleinen Charta Mediennutzung" rund um Regeln und Verbote. Ein Anstoßgleich vorneweg von Fiete: „Macht mit bei den Medienscouts! Ergreift die Initiative, wenn es noch keine an eurer Schule gibt. Oder engagiert euch in bestehenden Gruppen." Basti sagt: „Nur zwei oder drei Schüler müssen einen Lehrer begeistern. Der muss dann die Schulleitung überzeugen - und schon wird gestartet." Lex fügt hinzu: „Das kostet wirklich nicht viel Geld, hat aber eine große Wirkung!"


7 Anstöße zum Umgang mit dem Smartphohe - von Basti, Fiete und Lex

1. Kinder dürfen nicht ohne Aufsicht der Eltern aufs Smartphone losgelassen werden!

Wir wünschen uns mehr Engagement von ihnen. Nicht nur die Kinder sollten in Medienkompetenz weitergebildet werden, sondern auch ihre Eltern. Es wäre zum Beispiel toll, wenn sie alle zu Beginn der weiterführenden Schulen einen Medienelternabend besuchen würden.

2. Ein sinnvoller Zeitrahmen für die Smartphone-Nutzung wäre:

  • Erstkontakt mit einem Smartphone in der 3. oder 4. Klasse.
  • Ab der 5. Klasse ein eigenes Smartphone - mit enger Begleitung der Eltern, zum Beispiel über “Family Link".
  • Von der 5. bis zur 8. Klasse ein langsames Heranführen an eine sinnvolle und sichere Mediennutzung, zum Beispiel durch Veranstaltungen der Medienscouts.
  • Ab der 9. Klasse ist die Nutzung eigenverantwortlich möglich, ohne weitere Regulierung oder Kontrolle.

3. Die elterliche Aufsicht/Kontrolle darf nicht missbraucht werden!

Eltern müssen begleiten, aber die Privatsphäre respektieren.

4. Regeln müssen erklärt werden.

Sie sollten auch nicht in erster Linie für Bestrafungen genutzt werden. Die Umsetzung sollte möglichst immer gleich sein - und nicht nach Lust und Laune durchgeführt werden.

5. Totalverbote an Schulen sind wenig sinnvoll.

Sie werden umgangen. Es sollten Orte oder Zeiten benannt werden, in denen Smartphone-Nutzung erlaubt ist: also Handyräume oder Handypausen. Je älter die Schüler*innen sind, umso mehr sollten sie ihre Smartphones nutzen dürfen.

6. Wir wünschen uns auch mehr Engagement von Lehrerinnen: Macht mit bei den Medienscouts!

:)

7. Denn: Medienscouts sollte es an allen Schulen für alle Schülerinnen geben.

Für die Ausbildung der Medienscouts und für Technik und Geräte müssen deshalb ausreichend Mittel bereitgestellt werden.