Kommunikationsexperten im Gespräch mit scout

Reden wir über: Die eigenen Kinder

Foto: privat

Der Berliner Moderator FABIAN SIEGISMUND ist bekannter Gamer, dreifacher Vater – und als „WALKING DAD“ auf YouTube für den Eltern-Medienratgeber „Schau Hin“ unterwegs.

scout: Was können Eltern tun, damit Kinder Werbung im Netz und in Sozialen Medien durchschauen?

Siegismund: Meine beiden älteren Söhne sind zwar noch ziemlich klein, sechs und acht Jahre, ich bringe ihnen aber jetzt schon bei, dass nicht alles wahr ist, was sie zum Beispiel auf YouTube sehen, wenn wir gemeinsam etwas anschauen. Dann sage ich ihnen: Manchmal wird da auch ein bisschen geschummelt, und die Sachen sind gar nicht immer so toll, wie sie aussehen. Ich erkläre dann, dass die in der Werbung halt nur die schönsten Sachen sagen. Das war für die Jungs anfangs schon irritierend, weil man ihnen beibringt, dass sie eigentlich nicht lügen sollen.

scout: Was erkennen die Jungs denn als Werbung – und was nicht?

Siegismund: Dass es sich bei den Clips vor dem eigentlichen Video oft um Werbung handelt, erkennen sie schon meist. Dann sage ich: Das ist Werbung, die will, dass ihr das toll findet. Aber die Leute, von denen die Filme kommen, übertreiben dabei ganz schön. Meine Söhne sind da bereits recht kritisch und sagen: ‚Das stimmt ja alles eh nicht’. Das wiederum finde ich irgendwie schade. Es ist ein bisschen, wie den Glauben an das Gute zu verlieren. Die typischen vorgeschalteten Clips erkennen sie also schon ganz gut. Wenn aber in den Videos selbst geworben wird, ist das sehr viel schwieriger für sie zu erkennen. Da wir aber meist Gaming-Videos anschauen, zum Beispiel Let’s Plays für Minecraft, kommen wir kaum mit klassischer Influencer-Werbung für Konsumprodukte in Kontakt. Die findet ja vorwiegend in den Bereichen Beauty, Fashion und Lifestyle statt und zielt eher auf Mädchen ab – die beim Gaming unterrepräsentiert sind.

Ich möchte nicht, dass meine Jungs von Produkten enttäuscht werden, die nur in der Werbung toll sind.

Walking Dad (Fabian Siegismund)

scout:Wie erleben Sie Werbung im Netz?

Siegismund: Es gibt immer noch Leute, die Kooperationen mit Werbepartnern nicht als solche markieren. Das ärgert mich. Manchmal stellen Leute auf YouTube oder Instagram Sachen vor, da denke ich: Das kannst du nicht freiwillig gemacht haben. Es ärgert mich, weil ein solches Verhalten natürlich schnell zu einem generellen Verdacht gegen die ganze Branche führt.scout:

scout: Warum tun die das?

Siegismund: Natürlich geht es um Geld, klar. Lange Zeit herrschte aber der Glaube, wer offen wirbt, sei nicht mehr so sexy. Eben weniger authentisch. Das ändert sich aber glücklicherweise. Viele Werbekunden erkennen nämlich, dass es ihnen mehr bringt, wenn ein bezahlter YouTuber mal ehrlich seine Meinung sagt. Das ist besser als Mauschelei, die am Ende nur allen schadet.

scout: Und warum engagieren Sie sich eigentlich bei der Medienschutz-Initiative ‚Schau Hin‘?

Siegismund:Die haben vielleicht ausgerechnet mich angesprochen, weil es nicht so viele YouTuber mit Nachwuchs gibt. Vielleicht auch, weil ich ein Gamer bin. Und es bekanntlich viele Sorgen um junge Gamer und ausschweifendes Spielen gibt. Ich glaube aber, mein großer Vorteil liegt darin, dass ich beide Seiten der Medienerziehung verstehe: Eltern, die mit den neuen Medien häufiger mal überfordert sind. Und die Kinder und Jugendlichen, in deren Welt ich mich als Gamer ja auch bewege.


Dieser Artikel stammt aus dem scout-Heft 1/2018: "Folge mir"!

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