Experteninterview: Verbraucherschutz

Von „Appzocke“ und „Clickjacking“

Illustration: Thies Schwarz

Katrin Rieger, Referentin für Verbraucherbildung bei der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein in Kiel, über die hohen Haltungskosten von Katzen in Spiele-Apps für Kinder.

scout: Was ist, aus Ihrer Sicht, problematisch an Computerspielen?

Suchtgefahr und Datenabzocke machen Probleme. Die meisten Klagen hören wir aber von Eltern, deren Kinder beim Nutzen von Spiele-Apps auf dem Handy horrende Rechnungen erzeugt haben. Wir nennen das „Appzocke“: Bei manchen Werbeeinblendungen in Spielen sind Schaltflächen anders hinterlegt, als es scheint. Beim Klick auf ein aufpoppendes Werbebanner, das man schließen möchte, erscheint dann der Hinweis auf ein abgeschlossenes Montats-Abo. „Clickjacking“ ist für Kinder schwerer zu erkennen als für Erwachsene! Abgebucht werden die Summen meist über die Handyrechnung oder die Kreditkarten der Eltern.

scout: Wie kann das passieren?

Weil Eltern auf ihrem oder dem Handy der Kinder Kreditkartendaten hinterlegt haben. Kinder spähen auch manchmal die Kennwörter für einen Zahlungsvorgang über die Schultern der Eltern aus… Das Geld vom Anbieter zurückzubekommen, ist nicht einfach: Bei In-App-Käufen besteht zum Beispiel die große Schwierigkeit darin zu beweisen, dass das Kind – und nicht die Eltern – die Käufe getätigt hat. Und dass die Eltern nicht fahrlässig mit Kennwörtern umgegangen sind. Eltern sollten sich in solchen Fällen Rat bei den Verbraucherzentralen einholen!

scout: Was finden Sie am bedenklichsten?

Schlimm ist der Kaufdruck schon auf kleine Kinder wie zum Beispiel bei „Meine Talking Angela“, einer Spiele-App, in der die Spieler ein Katzenbaby aufziehen. Durch Bezahlung mit der In-Game-Währung – den „Diamanten“ – können die Nutzer das Kätzchen schneller wachsen lassen oder mit Accessoires ausrüsten. Da kommen oft Summen bis 100 Euro für die In-App-Käufe zusammen. Wenn ich „Nutzer“ sage, sind es Kinder von fünf bis sieben Jahren, die solche Summen nicht einschätzen können. Der Impuls, Diamanten zu kaufen, wird mitten im Spiel gesetzt: „Super-Rabatt! 70 %! Nur jetzt!“ Dazu tickt eine Uhr – so etwas ist nicht zulässig. Auch bei „Fortnite“ gibt es im „Battle Royal“-Modus eine eigene Währung, die V-Bucks. Mit ihnen kann ich mir für viel Geld coole Ausrüstung oder besondere Fähigkeiten kaufen. Wir kennen Fälle von Kindern, die dafür ihr Essensgeld aufgespart und in der Schulpause gehungert haben!

scout: Ihr Tipp an Eltern?

Eltern denken: Das Spiel wurde gekauft, da treten keine weiteren Kosten auf. Das ist aber oft nur ein frommer Wunsch, auch bei „Free-to-play“-Spielen: Grundsätzliche Funktionen sind kostenlos, aber jedes Extra muss hinzugekauft werden. Eltern raten wir: Informieren Sie sich über solche möglichen Kostenfallen.


scout- TIPP

Unter www.app-geprüft.net bewertet jugendschutz.net bei Kindern besonders beliebte Apps und informiert über Risiken hinsichtlich Umgang mit Werbung, In-App-Käufen und Datenschutz.


Dieser Artikel stammt aus dem scout-Heft 1/2019: "Die wollen doch nur spielen!"

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