Klartext

Ansichtssache? Eben nicht!

Bei Cybermobbing, Cybergrooming und dem Posten von Kinderpornos, Gewaltvideos und Volksverhetzung gibt es keine zwei Meinungen.

Ein fieser Kommentar, ein vages Gerücht oder ein Foto von einer peinlichen Situation – schnell sind sie im Netz verbreitet. Kinder machen sich wenig Gedanken über die Folgen. Doch die sind möglicherweise verheerend.

scout-Klartext: Cybermobbing

Schon kleine Kinder können richtig gemein sein: „Du bist ja noch ein Baby!“, „Du darfst nicht mitspielen!“, „Das sag ich deiner Mama!“ Beleidigen, ausgrenzen und petzen – das fängt schon im Kindergarten an und zieht sich durch die ganze Schullaufbahn. Was harmlos beginnt, kann zu einem echten Problem heranwachsen: von Beschimpfungen über die Verbreitung von Unwahrheiten und Gerüchten bis hin zu Bedrohungen und Erpressungen oder dem systematischen Ausschließen einer Person. Erfolgt das bewusst, mehrfach und über einen längeren Zeitraum, spricht man von „Mobbing“, passiert das im Internet, heißt es „Cybermobbing“. Beim Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen kennen Opfer und Täter*innen sich oft – aus der Schule, dem Sportverein oder dem Wohnviertel. Und der Online-Demütigung ging meist eine im realen Leben voraus.

Streitereien, Hänseleien und Macht kämpfe gehören zum Heranwachsen dazu. Meist finden sie vor einem größeren Publikum statt. So gibt es auch weitere Beteiligte: Die sogenannten „Claqueure“, die den Täter*innen Beifall „klatschen“ und „Bystander“, die sich zwar nicht aktiv am Mobbing beteiligen, sich dem Mobbing aber auch nicht entgegenstellen.

Cybermobbing ist mehr als ein kurzes Kräftemessen, vor allem in seiner Reich- und Tragweite. Ob als private Nachricht auf dem Smartphone oder auf der öffentlichen Pinnwand eines Sozialen Netzwerks. Bei der Cyberattacke gibt es für das Mobbingopfer keine räumlichen und zeitlichen Grenzen. Es hat keine Pause und keinen Rückzugsort. Und: Das Netz vergisst nicht. Denn was einmal online ist, kann dann unkontrolliert kopiert und geteilt werden. So werden Opfer von Cybermobbing auch Jahre später noch an die Qualen erinnert und müssen sie erneut durchleben.

SCOUT RÄT
(Cyber-)Mobbing ist ein verbreitetes Phänomen und geht alle an – auch Eltern und Lehrkräfte! Erst denken, dann posten: Viele Cybermobbing-Situationen unter Kindern entstehen, weil sie sich der Auswirkungen ihres Verhaltens nicht bewusst sind. Sprechen Sie mit Ihrem Kind über die Folgen von Mobbing sowie die Rollenverhältnisse der einzelnen Akteure.

Klassenverband stärken: Schulen können den Zusammenhalt der Klasse auch außerhalb des Unterrichts fördern: Wie wollen wir miteinander umgehen, welche Regeln wollen wir gemeinsam verfolgen – offline wie online?

Privatsphäre schützen: Möglichst wenige persönliche (Kontakt-) Daten im Netz veröffentlichen und Social-Media-Accounts auf „privat“ stellen.

Keine Bagatellisierung: Ein erwachsenes „Ach, das ist doch nicht so schlimm“ hilft keinem Mobbingopfer. Hören Sie daher genau hin, was Kinder von ihren Online-Erlebnissen berichten, und schreiten Sie gegebenenfalls frühzeitig ein.

Rechtliche Grundlagen kennen: Ungefragt Fotos anderer posten, Beleidigungen und Lügen verbreiten, das alles sind Verhaltensweisen, die durchaus strafrechtliche Konsequenzen haben können. Klären Sie Ihr Kind über den gesetzlichen Rahmen, mögliche Folgen und Handlungsmöglichkeiten auf .

INFOS & HILFE

für Kinder und Jugendliche

für Eltern

  • „ElternMedienLotse“: Medienpädagogische Elternabende an Kitas und Schulen in Hamburg (www.tidenet.de) und Schleswig-Holstein (www.oksh.de)

für Schulen


Heranwachsende nutzen Soziale Medien, um Leute kennenzulernen. Hinter neuen Online-Bekanntschaften kann sich aber auch ein Erwachsener mit sexuellen Absichten verbergen.

scout-Klartext: Cybergrooming

Auch wenn die Nutzung vieler Plattformen meist erst ab einem Mindestalter von 13 Jahren erlaubt ist oder bei unter 18-Jährigen der Zustimmung der Eltern bedarf, überprüft das (oft) niemand. Und so kommen in den Social-Media-Welten nahezu alle Altersklassen zusammen. Dabei ist die Kontaktaufnahme zu Freunden wie zu Fremden einfach: im WhatsApp-Gruppenchat, per Direktnachricht bei TikTok oder via Teamspeak im Online-Game.

Bei der Kommunikation und der Selbstdarstellung im Netz sind alle sehr mitteilungfreudig, besonders Kinder. Schließlich lebt Social Media vom Austausch von Infos und persönlichen Daten. Manch elterlicher Rat aus der analogen Welt – „Gib nicht zu viel von dir preis!“ – ist da schnell vergessen. Und schon sind Klarname, Wohnort, Telefonnummer, Vorlieben oder Fotos offen verteilt. Doch wer steckt eigentlich hinter „Leon2006“, der so gerne mal im echten Leben ein Treffen organisieren möchte? Was, wenn Leon2006 nicht der ist, als der er sich ausgibt?

Schnell können der leichtsinnige Umgang mit persönlichen Daten und die Leichtgläubigkeit der Kinder gefährlich werden: Wenn Erwachsene die Anonymität des Internets nutzen, um sich Kindern zu nähern - nicht zum Aufbau neuer Online-Freundschaften, sondern zum Erfragen intimer Informationen, zur Aufforderung zu sexuellen Handlungen oder, im schlimmsten Fall, zur Vorbereitung eines Missbrauchs im realen Leben. Cybergrooming nennt sich dieses Vorgehen.

Die Täter*innen gehen dabei oftmals strategisch vor: Anhand der persönlichen Informationen über die Kinder gelingt es ihnen einfach, Gemeinsamkeiten vorzutäuschen. Sie zeigen viel Interesse und Verständnis für das Kind. Ziemlich schnell werden Fragen nach Aussehen, sexuellen Erfahrungen und Fantasien der Mädchen und Jungen gestellt. Diese steigen oft auf die sexuell anzüglichen Dialoge ein und verschicken entsprechende Fotos, in der Hoffnung, vom Empfänger das erwünschte positive Feedback zu erhalten. Doch die Täter*innen nutzen das für ihre Zwecke aus, haben nun Druckmittel, um ein reales Treffen zu erzwingen.

SCOUT RÄT

Nicht hinter jeder Online-Bekanntschaft steckt ein pädophiler Erwachsener. Dennoch gibt es diese Gefahr – und Aufklärung ist ein sehr wichtiger Schutz davor.

Über Risiken sprechen: Ein sorgsamer Umgang mit persönlichen Daten sowie ein gesundes Maß an Misstrauen helfen, gefährliche Situationen im Netz zu reduzieren. Achtung: Täter*innen können zum Bekanntenkreis gehören!

Technische Schutzvorkehrungen nutzen: Bei den Einstellungsoptionen vieler Social-Media-Dienste lassen sich Profile auf „privat“ stellen und die Kontaktaufnahme durch Fremde blockieren. Zeigen Sie Ihrem Kind, wie es mit der Melde-/Beschwerdefunktion unangenehme Personen melden oder blockieren kann. Außerdem sollte die Webcam dauerhaft ausgeschaltet sein und nur für persönliche Kontakte aktiviert werden.

Mit dem Kind im Austausch bleiben: Was machst du online, wen „triffst“ du? Signalisieren Sie Ihrem Kind, dass es bei Problemen jederzeit zu Ihnen kommen kann, und benennen Sie noch weitere Ansprech- oder Kontaktpersonen. Denn die Hemmungen und das Schamgefühl der Kinder sind bei sexueller Anmache im Netz sehr groß.

WAS TUN BEI CYBERGROOMING?
Ist Ihr Kind Opfer von Cybergrooming geworden, machen Sie ihm keine Vorwürfe. Die Schuld liegt immer bei den Täter*innen! Brechen Sie den Kontakt zum User sofort ab, melden Sie den Account an den App- und Website-Betreiber und scheuen Sie sich nicht, auch die Polizei zu kontaktieren. Um Cybergrooming nachweisen zu können, machen Sie Screenshots oder Fotos.

INFOS & HILFE

„Cybergrooming – Was Eltern und Kinder wissen sollten“:
www.polizei-beratung.de

Dunkelziffer e.V. – Beratung bei sexuellem Missbrauch
von Mädchen und Jungen: www.dunkelziffer.de

N.I.N.A. – Nationale Infoline, Netzwerk und Anlaufstelle
zur sexuellen Gewalt an Mädchen und Jungen:

  • Hilfetelefon – bundesweit, kostenfrei und anonym: 0800-22 55 530
  • Online-Beratung: www.save-me-online.de

Bei Kindern liegt das Versenden von sogenannten Stickern über Soziale Medien voll im Trend. Doch neben lustigen Emojis und Katzenfotos werden immer wieder auch rassistische oder (kinder-)pornografische Motive geteilt – und damit sogar Straftaten begangen.

scout-Klartext: Sticker

Ein Klassenchat ist praktisch: Da kann man mal eben nach den Hausaufgaben fragen. Oder wie die Projektwoche abläuft. Es bleibt aber nicht nur beim Praktischen: Schnell häufen sich Lästereien über Lehrkräfte, Gerüchte über vermeintliche Pärchen in der Nachbarklasse – und jede Menge „Sticker“. Das sind Bildchen, die an klassische Aufkleber erinnern – nur eben digital. Sie zeigen meist Tiere, Herzchen oder Bilder mit lustigen Anmerkungen, ähnlich wie Cartoons. Sie erfreuen sich großer Beliebtheit. Sticker werden gesammelt und untereinander getauscht wie Panini-Sammelbilder von Fußballern.

Leider sind nicht alle Sticker harmlos. Immer wieder werden auch gewalthaltige, rassistische oder (kinder-)pornografische Motive online geteilt. Diese Bilder sind nicht nur verletzend und ängstigend – sie können sogar rechtswidrig sein. Ihre Weiterverbreitung ist strafbar, in manchen Fällen schon der reine Besitz. Woher die Bilder kommen, ist kaum zurückzuverfolgen. Sie wurden einfach im Netz gefunden, kamen über ältere Geschwister oder über andere Chats, in denen auch Erwachsenen sind. Denen ist oftmals egal, dass sie auch nicht-kindgerechte Inhalte teilen. Oder ihnen ist sogar gezielt an einer Verbreitung gelegen, zum Beispiel bei Stickern mit extremistischen Parolen und Symbolen.

Doch warum teilen Kinder so etwas? Nicht aus sexuellen oder rechtsextremistischen Motiven, so viel steht fest. „Weil sie krass sind“, sagen die Kinder. Weil sie Verbotenes, Grausames, Noch-nie-Gesehenes zeigen. Bilder, die die Kinder nicht für sich behalten können und die das Bedürfnis hervorrufen, sie mit anderen zu teilen: Findest du das auch so schlimm? Wer macht denn nur so was? Kinder verbreiten solche Sticker auch, weil der Gruppendruck da ist, „stark“ zu sein, das Gezeigte auszuhalten und das „Geheimnis“ für sich zu behalten. Oder sie tun es schlicht aus Unbedarftheit: Sie erkennen die Motive und Absichten hinter den Stickern nicht und ihnen ist nicht bewusst, was die Verbreitung solcher Inhalte nach sich ziehen kann.

Eltern und Lehrkräfte bekommen oftmals gar nicht mit, was in den Chats „abgeht“. Die Kinder selbst verwalten die Gruppen, denn Eltern sind tabu. Ebenso Lehrkräfte, die sich auch aus datenschutzrechtlichen Gründen in den meisten Bundesländern Gar nicht an WhatsApp-Klassenchats beteiligen dürfen. Probleme werden meist erst erkannt, wenn ein Elternteil den Klassenchat kontrolliert oder ein Kind sich einem Erwachsenen anvertraut. Wenn es den Mut dazu hat – denn als Konsequenz wird ein striktes Handyverbot befürchtet. Da halten viele Kinder lieber weiter still.

SCOUT RÄT

Erwachsene, die von strafrechtlich relevanten Inhalten auf dem Smartphone ihrer Kinder oder Schüler*innen erfahren, sollten unbedingt handeln. Noch besser: Es erst gar nicht so weit kommen lassen.

Unter Eltern austauschen: Einer fängt an und alle anderen ziehen mit - so sollte der Kauf des ersten Smartphones und die Beteiligung bei WhatsApp nicht erfolgen. Sprechen Sie mit anderen Eltern: Sind die Kids wirklich schon so weit? Kennen sie die Risiken? Welche Regeln gilt es im Klassenchat einzuhalten?

Sicherheits-Einstellungen vornehmen: Der automatische Download von Medien kann beispielsweise bei WhatsApp ausgeschaltet werden. Ebenso gibt es die Option, nur auf Einladung und durch aktives Bestätigen in eine Gruppe aufgenommen zu werden. Dadurch gelangen Kinder in weniger Gruppen, die für sie noch gar nicht geeignet sind.

Rechtliche Konsequenzen ansprechen: Zwar sind Kinder unter 14 Jahren nicht strafmündig, trotzdem kann das Verschicken strafrechtlich relevanter Materialien Folgen haben, wie beispielsweise eine Anzeige bei der Polizei, eine Klage auf Schmerzensgeld und das Einkassieren von Handys. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber.

INFOS & HILFE

Kampagne der Polizei gegen die Verbreitung von Kinderpornografie – inklusive Hintergrundinfos, Kurzvideos, Meldemöglichkeiten: www.soundswrong.de

Broschüre „Rechtsextremismus: Symbole, Zeichen und verbotene Organisationen“ www.verfassungsschutz.de

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