Interview mit Neuntklässlerinnen

„Gesundheit ist für uns ein Thema“

Medien machen krank – was denken diejenigen, die angeblich betroffen sind? Ein Gespräch mit den Hamburger Neuntklässlerinnen Anuschka, Greta und Mina.


Foto von Anuschka, Greta und Mina
Die Hamburger Neuntklässlerinnen Anuschka, Greta und Mina | Foto: Patrick Runte

Denkt ihr eigentlich manchmal darüber nach, was krank und was gesund macht?
Anuschka
: Klar, das ist ein Thema für jeden von uns, dem man nicht so einfach aus dem Weg gehen kann.
Greta: Es ist ein Thema, an das man im Alltag eigentlich ständig erinnert wird.
Mina: Von den Eltern, die sagen: „Fahr mal wieder Fahrrad oder iss mal wieder einen Apfel“.
Anuschka: Und von den Medien, die einem ständig sagen: „Das ist gesund, das ist ungesund, der Smoothie hat ganz viele Vitamine.“ Oder: „Da und davon bekommt man Krebs.“
Greta: Als kleines Kind war man immer eher genervt, weil man das nicht so richtig verstanden hat, was ein Apfel oder draußen spielen nun genau mit Gesundheit zu tun haben soll. Jetzt versteht man eher die Zusammenhänge und erkennt, warum das den Eltern so wichtig ist.

Und wann habt ihr so richtig angefangen, über Gesundheit nachzudenken?
Mina
: Was meint ihr, vielleicht seit wir aufs Gymnasium gehen, also ab der 5. Klasse?
Anuschka: Ich glaube, in unserem Alter ist das am extremsten mit dem Nachdenken über Gesundheit. Und so richtig ins Bewusstsein gekommen ist das für mich mit den sozialen Netzwerken, mit Facebook.
Greta: Und vor allem mit Instagram.

Was hat Instagram mit Gesundheit zu tun?
Mina
: Weil da ständig Leute Fotos posten, auf denen sie Sport machen oder etwas total Gesundes essen.
Anuschka: Auf YouTube ist es auch so, dass vor oder nach Videos zu irgendwelchen Challenges Werbeclips gezeigt werden von Leuten, die ganz besonders tolle Detox-Tees empfehlen oder irgendeine neue Diät.
Greta: Man kann dem fast gar nicht mehr entkommen.

Wie reagiert ihr darauf?
Mina
: Man kann das ja auch erst einmal ganz positiv sehen, eben als Ansporn und gutes Vorbild.
Anuschka: Klar. Aber es erinnert einen auch immer daran, dass man nicht so aussieht, wenn man sich gerade vielleicht mal nicht so wohl in seinem Körper fühlt.
Greta: Man kann dann fast gar nicht mehr mit gutem Gewissen Pommes essen und zu sich sagen: „Morgen gibt es wieder mehr Gemüse!“
Anuschka: Die Fotos von Models mit ihren total gesunden Smoothies üben natürlich einen ganz schönen Druck aus. Auf Instagram sehen wir ständig Fotos von superschlanken und durchtrainierten Frauen …
Mina: … die ihren Körper super in Schuss halten!
Anuschka: Da kann man dann ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn man selbst nicht so viel Sport treibt. Es ist schon so, dass Mädchen immer mit irgendetwas an sich nicht zufrieden sind. Wir denken, wir müssen immer irgendjemandem gefallen.
Greta: Die Mädchen wollen dünner sein, die Jungen jetzt auf einmal alle mehr Muskeln haben. Die gucken sich nun auf Instagram Fotos von durchtrainierten Typen an.

Bild von Mina
Mia | Foto: Patrick Runte

Erwachsene verstehen einfach nicht, dass man die Nachrichten ja nicht alle lesen muss

Mina

Welche positiven Seiten für die Gesundheit haben digitale Medien eurer Meinung nach?
Mina
: Es gibt, wie gesagt, schon viele positive Seiten. Es ist ja nicht nur belastend, wenn ich mir sportliche Leute auf Instagram oder Facebook anschaue. Es kann ja auch inspirierend sein. Vielleicht habe ich dann gleich Lust, ein 7-Minuten-Work-out mit der Trainer-App zu machen.
Anuschka: Oder ich habe zum Beispiel Ohrenschmerzen und suche nach einem Hausmittel.
Greta: Ja, eine Zwiebel aufs Ohr, so Sachen findet man im Internet schnell. Da muss man einfach die Symptome googeln.
Anuschka: Für Hausmittel habe ich meine Mutter, die kennt sich richtig gut aus.
Mina: Ich habe mal in „Dein Spiegel“ von einer Telefon-Hotline gelesen, da konnte man anrufen und musste laut husten. Dann hat ein Computer das analysiert und gesagt: „Alles in Ordnung“ oder „Bitte schnell zum Arzt gehen“. Solche Sachen finde ich zum Beispiel cool.

So richtig ins Bewusstsein gekommen ist Gesundheit für mich mit den sozialen Netzwerken, mit Facebook.

Anuschka
Foto von Anuschka
Anuschka | Foto: Patrick Runte

Glaubt ihr, dass man von der Mediennutzung auch direkt krank werden kann? Deshalb Schlafstörungen bekommt oder Kopfschmerzen?
Greta
: Früher hieß es immer: „Nicht so dicht an den Fernseher, es ist schlecht für die Augen!“
Mina: Also, ich schlafe eigentlich ganz gut und bekomme auch keine Kopfschmerzen von der Handynutzung. Glaube ich zumindest.
Greta: Das mit Schlafstörungen ist vielleicht eher beim Fernsehen passiert, wenn man mal was Gruseliges gesehen und davon Albträume bekommen hat.
Anuschka: Von den Medien kommen vielleicht eher psychische Probleme. Wenn einer zum Beispiel internetsüchtig wird.
Mina: Diese Leute haben, glaube ich, schon vorher andere Probleme.

Habt ihr nicht manchmal das Gefühl, dass es „irgendwie krank“ ist, am Tag 500 WhatsApp-Nachrichten zu bekommen?
Mina
: Erwachsene verstehen einfach nicht, dass man die Nachrichten ja nicht alle lesen muss. Man guckt, ob es um was Wichtiges geht, und wenn nicht, dann liest man es eben nicht.
Greta: Wenn ich unterwegs bin, schalte ich auf Flugmodus, dann werde ich nicht ständig durch Pieptöne oder Vibrationsalarm gestört.

Bild von Greta
Greta | Foto: Patrick Runte

Früher hieß es immer: Nicht so dicht an den Fernseher, es ist schlecht für die Augen!

Greta

Der Hirnforscher Professor Manfred Spitzer behauptet, digitale Medien machen dumm …
Anuschka
: Manchmal finde ich, wir haben es schon ein bisschen verlernt, selbstständig zu denken.
Mina: Stimmt. Früher konnte ich den Busfahrplan auswendig. Jetzt mache ich mir ein Foto an den Haltestellen und gucke drauf, anstatt mich zu erinnern.
Greta: Es ist doch müßig, darüber nachzudenken. Die Smartphones sind ja da, und sie sind ein wichtiger Teil unseres Lebens.
Anuschka: Aber immer sofort danach zu greifen, wenn man sich ein bisschen langweilt, das ist schon irgendwie krank.

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