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Warum sind Kindersuchmaschinen so wichtig?

Beim Recherchieren im Internet nutzen fast alle Google - auch Kinder. Denn dort findet man praktisch alles. Aber nicht alle Inhalte sind auch für Kinder geeignet. Darum gibt es Suchmaschinen speziell für Kinder. Warum sie gerade für Internet-Neulinge wichtig sind, erzählt Darja Martens von „Blinde Kuh“.


Foto Darja Martens

Darja Martens ist studierte Bibliothekarin und arbeitet seit 2011 bei der Kindersuchmaschine www.blinde-kuh.de. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Website und Öffentlichkeitsarbeit. Mit der Kindersuchmaschine möchte sie Kindern ermöglichen, die Inhalte, Spiele und Mitmachangebote im Netz zu finden, die sie suchen. Denn Kinder haben ein Recht auf Partizipation, Orientierung und Meinungsäußerung.

scout:
Die Kindersuchmaschine „Blinde Kuh“ gibt es seit über 20 Jahren, sie war die erste deutschsprachige Suchmaschine für Kinder. Was war der Anlass für die Gründung?

Darja Martens:
Tatsächlich ein ganz bestimmtes Kind. Nämlich das der beiden Erfinder und Gründer der Blinden Kuh. Das wollte seine ersten Schritte im Internet machen und brauchte Unterstützung. Angefangen hat alles mit einer Linksammlung von Websites, die Informationen liefern, die man als Kind so sucht. Zum Beispiel, wenn man etwas über Pferde wissen möchte.

scout:
Warum ist es denn so wichtig, dass Kinder ihre eigene Suchmaschine haben und eben nicht über Erwachsenen-Suchmaschinen gehen?

Darja Martens:
Suchmaschinen wie Google sind in erster Linie für Erwachsene konzipiert. Sie zeigen die Ergebnisse unabhängig davon an, wer gerade eine Suche gestartet hat. Sucht ein Kind nach Informationen, kann es eben sein, dass es die ersten Treffer überhaupt nicht versteht und frustriert ist, wenn es nicht gleich passende und verständliche Informationen findet. Abgesehen davon werden bei Erwachsenen-Suchmaschinen auch viele Websites angezeigt, deren Inhalte für Kinder ungeeignet sind oder ihnen sogar schaden können, weil sie zum Beispiel Gewalt beinhalten. Die Blinde Kuh möchte Kindern die ersten Schritte im Netz erleichtern, indem sie hier gleich finden, wonach sie suchen. Kindgerecht und auch ohne irgendwelche Werbefallen. So gewinnen die Kinder an Sicherheit und lernen den Umgang mit dem Internet am besten. Wir wollen ihnen außerdem zeigen, welche tollen Angebote es im Internet für sie gibt, auf die sie bei Erwachsenen-Suchmaschinen aber nicht sofort stoßen.

scout:
Da wären wir bei den Themen Zugang zu Medien und Teilhabe im Netz, wichtigen Kinderrechten.

Darja Martens:
Ja, Kinder haben auch im Internet ein Recht auf möglichst vielfältige Informationen und Angebote, an denen sie sich beteiligen können. Und gleichzeitig müssen wir sie im Internet vor bestimmten Inhalten, Kommentaren oder Bildern schützen. Das tun wir bei der Blinden Kuh, indem wir ihnen nur für Kinder geeignete Websites anzeigen. Einen hundertprozentigen Schutz vor ungeeigneten Inhalten gibt es natürlich nicht – auch bei uns nicht, denn Websites können sich verändern. Deshalb machen wir regelmäßige Checks.

scout:
Wie arbeitet denn die Blinde Kuh und wie kommt es zu den Website-Empfehlungen?

Darja Martens:
Wir arbeiten anders als klassische Suchmaschinen, die ausschließlich mit Computerprogrammen das Netz nach Stichworten durchsuchen und dann die Linklisten hochladen. Bei uns werden die Websites teilweise händisch eingepflegt, die Redaktion sucht und bestimmt also die Inhalte – und eben nicht die Technik. Zusätzlich setzt die Redaktion auch sogenannte Spider auf, die umfangreichere Seiten auswerten und in unseren Index bringen. Die werden dann von einer Kollegin noch nachbearbeitet. Natürlich können sich Inhalte von Websites auch verändern. Es kann eben sein, dass Inhalte einstellt werden, die möglicherweise nicht mehr für Kinder geeignet sind. Das Harmloseste ist noch, dass es die Domain gar nicht mehr gibt. Wir müssen also die Web-Adressen nicht nur aufnehmen, sondern auch regelmäßig checken. Auch das passiert sowohl von Hand als auch durch technische Systeme. Auf die Ergebnisse guckt dann aber immer nochmal eine Kollegin.

scout:
Und wie entscheiden Sie, welche Seiten Kinder interessieren und welche für sie geeignet sind?

Darja Martens:
Zum einen gucken wir, was Kinder eigentlich wissen wollen. Was ist aktuell passiert, das Kinder interessiert? Wonach suchen sie wohl? Wo fehlt uns noch was? Dann überprüfen wir, dass es auf der Seite keine Inhalte gibt, die Kindern schaden könnten oder durch die sie womöglich abgezockt werden. Manche Seiten verlangen zum Beispiel ein Login, dabei werden oft unnötig Daten gesammelt. Wichtig ist auch, dass die Sprache kindgerecht ist. Und wir prüfen, ob die Seite einen Mehrwert bietet oder nur das wiederholt, was auf vielen anderen Seiten auch schon steht. Unsere Inhalte orientieren sich zudem sehr stark an Schule. Wir gucken also auch, was dort fehlt und welches Sammelgebiet noch vervollständigt werden muss.

scout:
Sie haben das Stichwort Schule schon gegeben. Wer nutzt die Blinde Kuh?

Darja Martens:
Tatsächlich vorranging Schulen beziehungsweise Schüler im Rahmen des Unterrichts. Das sehen wir anhand der Nutzungszahlen und an den Zeiten, zu denen auf unsere Suchmaschine zugegriffen wird. Eben ganz besonders zur Schulzeit, also unter der Woche und am Vormittag. Hier möchten wir zukünftig gern noch weitere Kooperationen eingehen. In den Ferien gibt es deutlich weniger Zugriffe. Viele Eltern wissen gar nicht, dass es Kindersuchmaschinen gibt. Hier sind die großen Player wie Google sind einfach sehr präsent. Von Kindersuchmaschinen wie der Blinden Kuh erfahren viele Eltern erst über die Schule.

scout:
In den letzten 20 Jahren hat sich in der Medienlandschaft viel getan. Kinder besitzen bereits in der Grundschule ihr erstes Smartphone, mit dem sie online gehen können. Hat die Blinde Kuh den digitalen Wandel auch gespürt?

Darja Martens:
Natürlich, darauf mussten wir reagieren und unser Webdesign für die Nutzung auf mobilen Geräten wie dem Smartphone anpassen. Aber diesen Schritt hat noch nicht jeder, also jede Kinderseite, getan. Es gibt noch immer viele Websites, die gar nicht das Geld haben, smart zu werden. Viele sind ja von externen Finanzierungen abhängig. Das ist eine große Krux für die Kinderseitenlandschaft, die deshalb auch ausgedünnt wird.

scout:
Die Blinde Kuh in zehn Jahren: Was sind die nächsten Ziele und auch Herausforderungen?

Darja Martens:
Es gibt immer neue Entwicklungen, die wir im Blick haben müssen. Zum Beispiel Assistenzsysteme wie Sprachassistenten. So eine Alexa ist ja nicht wirklich für Kinder gemacht. Und dennoch gehört sie zu den Entwicklungen, an denen wir uns orientieren müssen, weil sie Teil der Lebenswirklichkeit von Kindern sind oder noch werden. Ich wünsche mir sehr, dass die Blinde Kuh auch in zehn Jahren noch mit den dann aktuellen Entwicklungen mithält, diese für Kinder mitgestaltet und damit auch dann noch ihre wichtige Funktion erfüllt. Das betrifft auch viele andere Kinderseiten. Für uns alle wünsche ich mir, dass wir neben den großen Playern auch in zehn Jahren noch bestehen und Kindern einen wichtigen Mehrwert bieten können.

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