Themenspecial Extremismus, Populismus und Deepfakes

Angesichts der Flut an Desinformation und hasserfüllten Online-Inhalten in sozialen Netzwerken sind unsere Urteilsfähigkeit und demokratischen Werte gefordert. Insbesondere junge Menschen brauchen Kompetenzen, um Social-Media-Inhalte kritisch einzuordnen. Lesen Sie in diesem Themenspecial Beiträge zu den Themenfeldern:

  • Fake News
  • KI und Deepfakes
  • Rechte Rekrutierung beim Gaming
  • Schutz vor Extremismus und Populismus
  • Demokratiekompetenz

scout 1/2022 "Erzähl mir nichts vom Pferd!"
Cover scout Magazin 1/2022: Erzähl mir nichts vom Pferd

Fake News sind schon ein Thema für Kinder. Was Eltern und Lehrkräfte wissen sollten.

Die scout-Ausgabe 1/2022 können Sie hier aufrufen: "Erzähl mir nichts vom Pferd"

"Stimmt das? Wirklich?" 
Dass es Fake News gibt, sollte Kindern schon im Grundschulalter klargemacht werden.

Wie oft hat Ihr Kind schon mal den Kopf etwas quergelegt, die Augen zusammengekniffen und gefragt:
„Stimmt das? Wirklich? Echt jetzt?“ Bestimmt viele, viele Male. Kinder sind, wenn es um die Wahrheit geht, schlauer als man denkt. Sie erkennen schnell, wenn man ihnen Quatsch erzählt. Und merken dabei irgendwann: Auch ihre Eltern und andere Menschen um sie herum sagen nicht immer die reine Wahrheit – wenn es zum Beispiel heißt:

  • „Süßigkeiten waren heute leider ausverkauft!“
  • „Der Akku vom Tablet ist leer und ich kann das Ladekabel nicht finden …“
  • „Dein Hamster ist jetzt im Himmel!“

Aus Sicht der Kinder sind die Übergänge zwischen „wahr“ und „gemogelt“ manchmal fließend:

  • „Das war ich nicht!“
  • „Ich habe die Zähne schon geputzt!“
  • „Wir hatten keine Hausaufgaben auf!“
  • „Luise darf das auch schon, und die ist erst sieben!“

Auch die Grenze zwischen Realität und Fantasie ist für Kinder noch durchlässig. Für sie sind erfundene Freund*innen wirklich, auch eine Pippi Langstrumpf, die Pferde hochhebt. Und eine Truppe von Hunden, die reden kann. Denn lange Zeit im Leben eines Kindes ist vieles noch „magisch“.

Realität und Fantasie gehören in dieser Zeit nicht nur zusammen, sie sind oft eins. Während der Grundschulzeit ist das irgendwie noch verständlich und wird von den Eltern lächelnd hingenommen: das Nachbarskind, das fest an Hexen glaubt, der Neffe, der damit ringt, ob es den Weihnachtsmann oder den Osterhasen wirklich gibt (und sich dann im Zweifel dafür entscheidet).

Doch wenn die Kinder dann irgendwann flügge werden, wünscht man sich als Eltern, dass sie mit beiden Füßen fest auf dem Boden der Wirklichkeit stehen.

Dass sie Risiken richtig einschätzen, Vernunft walten lassen und irgendwelchen Lügen da raußen im Netz nicht auf den Leim gehen. Dass sie nicht auf einen Erwachsenen hereinfallen, der sich im Chat als Kind ausgibt. Nicht in eine Abo-Falle tappen. Oder glauben, dass Beauty-Bibi die Sachen, die sie anpreist, wirklich alle gut findet (dann schon lieber, dass Bibi Blocksberg hexen kann).

Insbesondere möge der Nachwuchs rechte Hetze oder den von Corona-Leugner*innen verzapften Unsinn sicher erkennen und enttarnen. Denn „Wahrheit“ ist keine Frage ausschließlich von „Moral“ oder „Du sollst nicht lügen“ – sondern ein Thema, das die Wurzeln unserer Demokratie betrifft.

Was also tun? Auf lange Sicht hilft nur eins: viel erklären! Noch besser: Fragen stellen! Und dann die Kinder die Antworten suchen lassen: „Stimmt das? Wo kommt das her? Was meinst du, warum sagt der das? In welchem Zusammenhang wurde das gesagt?“

Es ist wichtig, Kinder schon ab dem Grundschulalter darüber aufzuklären, dass sie in der Onlinewelt auf Desinformationen und Falschnachrichten stoßen können. Wenn sie ein wenig älter sind, verstehen sie, dass es Menschen gibt, die gezielt falsche Informationen verbreiten oder Nachrichten und Bilder manipulieren, um damit Geld zu verdienen oder Meinungen zu beeinflussen. Wichtig ist auch, dass sich die Kinder zunächst in medialen Kinder-Umgebungen bewegen: also fragFINN und Blinde Kuh nutzen und nicht Google.

Die Bemühungen im Kampf gegen gezielte Desinformationen müssen dabei nicht todernst und gallenbitter verfolgt werden. Es geht auch spielerisch. Wie in einer Medien-Kita im Norden, wo die Erzieherin mit Fünfjährigen Sprachnachrichten aufnahm. Eine lautete: „Spinat mag ich nicht!“ Dann schnitt die Erzieherin nur ein Wort der Tonaufnahme weg und spielte diese erneut vor: „Spinat mag ich!“ Da war die Verblüffung groß!

Die Wahrheitssucher
Beim Planspiel "FakeHunter Junior" lernen Schüler*innen ab der 4. Klasse, wie man Falschnachrichten enttarnt. 

„FakeHunter Junior“ heißt das Planspiel der Büchereizentrale Schleswig-Holstein, das Schüler*innen ab der 4. Klasse zeigt, wie man Falschnachrichten enttarnt. Ein Ortstermin in der Stadtbücherei Tornesch.

Großer Auflauf vor dem Eingang zur Stadtbücherei Tornesch an einem regnerischen Dienstagmorgen: 19 maskierte Personen rufen lauthals nach Einlass. Es ist die Klasse 5a der Klaus-Groth-Schule direkt nebenan. Die Schüler*innen wollen heute Falschnachrichten hinterherjagen. Und sie haben sich gegen das Virus vermummt, nicht für einen Überfall.

„FakeHunter Junior“ heißt das Planspiel, es wurde von der Büchereizentrale Schleswig-Holstein gemeinsam mit der Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein e. V. entwickelt, „um auch schon jüngere Kinder für Falschmeldungen zu sensibilisieren“, erzählt Kathrin Reckling-Freitag von der Büchereizentrale: „Wir unterstützen so Schulen bei der Vermittlung von Informations- und Recherchekompetenz. Schülerinnen und Schüler der 4. und 5. Klassen erlernen spielerisch Methoden für den kritischen Umgang mit digitalen und analogen Medien.“ Die Große-Geschwister-Version, die nur „FakeHunter“ heißt, richtet sich an Schüler*innen der 8. Klassen. Beide werden auch von den Hamburger Bücherhallen angeboten.

An der Tür in Tornesch nimmt Bibliothekarin Kirsten Hell die Klasse in Empfang. Sie wird das Planspiel moderieren und führt dazu alle zur Workshop-Ecke im hinteren Winkel des Flachbaus. Frau Hell checkt erst einmal, was die bunte Schar überhaupt in Sachen Fake News weiß:
„Das ist, wenn man angelogen wird auf Google.“
„Wenn man falsche Infos bekommt.“
„Wenn einer sagt, er ist verheiratet, und ist es gar nicht.“
„Wenn man Aufmerksamkeit haben will oder Freunde beeindrucken möchte.“
„Und wo findet man solche Falschnachrichten?“, hakt sie nach. Zeitungen, Fernsehen, YouTube und TikTok werden genannt. Fake News gibt es also überall!

Kirsten Hell erarbeitet nun mündlich mit den Schüler*innen einen kleinen Katalog von Fragen, mit denen man Nachrichten unter die Lupe nehmen kann. Dafür präsentiert sie eine fiktive Schlagzeile:

„Schüler lernen zu wenig – Sommerferien nur drei Wochen!“
„Was können wir tun, um das zu überprüfen?“ Schweigen im Raum … Frau Hell sagt: „Nun, wir können erst einmal die Quelle prüfen, also wo das herkommt. Klingt megakrassnews2000.de denn seriös für euch?“ Eher nicht, geben die Schüler*innen zu. Die Bibliothekarin zeigt auf dem Bildschirm die weiteren Knackpunkte, die beim Prüfen einer Quelle wichtig sind: Wer genau hat das geschrieben – und hat diese Person auch andere Dinge geschrieben? Von wann ist der Beitrag, und stimmen die Fotos dazu? Wer steckt überhaupt hinter der Seite? So lernt die 5a auch, was genau ein „Impressum“ ist.

Aber das sind alles nur Aufwärmübungen für die große Aufgabe: „Jetzt müsst ihr Fake News selbst aufspüren!“ Dazu trägt sie eine Geschichte vor, die im fiktiven Ort Seedorf spielt, wo Ole, Emma, Samira und der Roboter Robbi wohnen. Die treffen sich eines Tages und reden über einen Artikel im „Seedorfer Anzeiger“: Auf der Titelseite prangt „Ausverkauf“. Der Zeitungsbericht handelt von einem geplanten skandalösen Großbauprojekt, das in der fiktiven Gemeinde für Aufruhr sorgt. Reporter Leo Rüstig wirft einem Bauunternehmer und der Bürgermeisterin vor, gemeinsame Sache zu machen bei einem rücksichtslosen Neubau – zulasten der Natur und des örtlichen Sportplatzes. Während die Erwachsenen in Seedorf bereits eine Protestveranstaltung organisieren, zweifelt die Kinder-Gruppe noch an der Wahrheit der Geschichte. Gemeinsam treffen sie sich nach der Schule in der Bibliothek, um der Sache auf den Grund zu gehen.

Und das tun nun auch die Schüler*innen der 5a. Sie prüfen die einzelnen Aspekte und Fakten im Artikel nach. Dafür bekommen sie Arbeitsblätter mit dem ursprünglichen Artikel – und dazu Blätter mit weiteren Infos anderer Quellen, um die Inhalte zu vergleichen. Diese können auch auf Tablets gezeigt und erarbeitet werden – Frau Hell hat sich aber für Papier entschieden: „Nach meiner Erfahrung ist es in den unteren Jahrgängen so im Moment noch besser zu bearbeiten.“

Und schon geht die Fakten-Jagd los. Jeder Tisch bearbeitet ein eigenes Thema. Es wird eifrig verglichen, diskutiert, getuschelt. Stück für Stück, Fakt für Fakt, stellt sich nun heraus, dass im Zeitungsartikel über das Bauprojekt fast nichts stimmt. Zum Beispiel ist da die Sache mit den angeblich bedrohten Seekühen im Seedorfer See. Diese Tiere leben nämlich, so finden die Schüler eines Tischs heraus, in Wirklichkeit in warmen tropischen Gewässern: „Das ist denen doch viel zu weit, nach Seedorf zu schwimmen.“

In den Materialien findet sich dann der Hinweis, dass ein automatischer Unterwasserroboter namens „Seekuh“ die im Gewässer wuchernden Wasserpflanzen mäht! Und so purzeln in der halben Stunde Gruppenarbeit die falschen Fakten des Artikels, einer nach dem anderen. „Wie kann man nur so einen Quatsch schreiben, oder!?“, ruft Kirsten Hell in die Runde. Die Schüler*innen, die das Gemisch aus böswilligen Unterstellungen und Schlampereien gemeinsam enttarnt haben, stimmen nickend zu. „Wer falsche Sachen behauptet, kann manchmal auch für ein paar Jahre in den Knast kommen!“, ruft ein Schüler. Zum erfolgreichen Abschluss ihrer Jagd nach Falschmeldungen gratuliert die Bibliothekarin:
„Jetzt seid ihr richtige FakeHunter!“

Nächster Punkt: „Wo findet man denn vertrauenswürdige Fakten im Netz?“ „FragFinn, Google, Wikipedia“, antwortet ein Mädchen. „Das finde ich toll, dass du FragFinn genannt hast. Manche sagen ja, FragFinn und Blinde Kuh seien Suchmaschinen für Babys. Aber alles, was man dort findet, stimmt auch, weil sich da gute Leute drum kümmern.“ Bei Google hingegen, sagt Frau Hell, sind „gut recherchierte Sachen drin, genauso aber auch fragwürdige und schlecht recherchierte. Manchmal auch falsche.“

Die zwei Stunden sind schnell vorbei und die Schüler*innen der 5a im Nu wieder draußen. „Die haben toll gearbeitet“, freut sich Kirsten Hell: „Aber ein gutes Textverständnis hilft bei diesem Spiel. Für jüngere Schüler*innen ist das Spiel vielleicht noch schwierig.“ Je fünfmal hat sie seit ihrer Weiterbildung die FakeHunter- und FakeHunter-Junior-Planspiele durchgeführt. Ohne Corona wäre mehr möglich gewesen, sie hofft also, dass es noch viel mehr werden in Zukunft: „Das macht Spaß und bringt wirklich was.“

Das würde auch Klassenlehrerin Anna Kodadad unterschreiben. Sie führte eine kleine Nachbesprechung mit den Schüler*innen durch: „Insgesamt gab es nur positive Rückmeldungen – und es kamen Antworten wie ‚Blöd, dass Leute Dinge schreiben, die nicht stimmen‘ und ‚Gut, dass man falsche Nachrichten herausfinden kann‘.“ Einigen sei es teilweise zu viel Textarbeit gewesen und auch zu viel Zuhören. Sie selbst hätte sich, so die Lehrerin, mehr Nutzung von digitalen Medien im Workshop durch die Schüler*innen gewünscht. Sie resümiert: „Ich finde es wichtig, den Umgang mit Medien früh und regelmäßig zu thematisieren, und dazu gehört auch der kritische Umgang mit Informationen. Ich finde die Veranstaltung sinnvoll und würde sie weiterempfehlen!“

Mehr FakeHunter gesucht

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2022 "Erzähl mir nichts vom Pferd" erschienen.

Infografik:
Erklären und aufklären! 

Auch Kinder informieren sich online. Dabei brauchen sie Unterstützung beim richtigen Umgang mit Nachrichten.

zur Infografik

Diese Infografik ist in scout-Ausgabe 1/2022 "Erzähl mir nichts vom Pferd" erschienen.

Stopp für Fake News!
Falschnachrichten entlarven

Falschnachrichten entlarven, Schritt für Schritt: Ein Schnellkurs für Eltern, Erzieher*innen und Lehrkräfte.

zum Leitfaden

Dieser Leitfaden ist in scout-Ausgabe 1/2022 "Erzähl mir nichts vom Pferd" erschienen.

Wie vermitteln wir Kindern und Jugendlichen das „Handwerkszeug“ des Journalismus? 

Informationen recherchieren und richtig einordnen zu können ist wichtiger denn je.
Kerstin Schröter vom Verein „Journalismus macht Schule“ sagt, wie Kinder und Jugendliche diese Kompetenzen erlernen.

Kerstin Schröter ist hauptberuflich Sprache- und Kommunikations- sowie Medien-Lehrerin an der Fachschule für Sozialpädagogik, dem Fröbelseminar, in Hamburg. Außerdem bildet sie am LI – Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung Hamburg Lehrkräfte aus und fort. Zuvor hat sie als freie Journalistin für verschiedene Medien on- und offline gearbeitet. Sie engagiert sich im bundesweiten Verein „Journalismus macht Schule“.

Sie engagieren sich im Verein „Journalismus macht Schule e.V“. Wer und was steckt dahinter?

Wir sind ein bundesweites Netzwerk zur Förderung von Nachrichten- und Informationskompetenz von Kindern und Jugendlichen, aber auch erwachsenen Berufsschüler*innen und Lehrkräften. Wir, das sind Akteuer*innen aus den Bereichen Medien, Bildung und Politik - zum Beispiel öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wie ARD und ZDF, Zeitungen wie ZEIT und Süddeutsche und Bildungs- und Aufklärungsinitiativen rund um Desinformation wie Correctiv, Reporterfabrik, Lie Detectors oder Netzwerk Recherche. Aber auch Journalistenschulen, Akteur*innen der Lehrkräftefortbildungen, Medienpädagog*innen, Landesmedienanstalten und Institutionen der politischen Bildung sind in unserem Verein. Unser Vereinssitz ist Hamburg. Je nach Bundesland sind unsere Angebote recht unterschiedlich, das hängt von den jeweiligen Kooperationspartner*innen vor Ort ab.

Was sind das für Angebote?

Wir haben uns fokussiert auf das Thema Nachrichten- und Informationskompetenz, denn in diesem Medienbereich herrscht unserer Meinung nach großer Nachholbedarf. Es gibt zwar ein breites Bildungsangebot, auf das Lehrkräfte zugreifen können, aber das ist so groß, dass man da schnell den Überblick verliert. Auf unserer Website bündeln wir deshalb beginnend ab der Grundschule Unterrichtsmaterialien wie Tutorials, Arbeitsblätter oder Wissentest zu Themen wie: „Wie entstehen Nachrichten“, „Das Wichtigste zu Presse- und Urheberrecht“ oder „Desinformationen“ sowie bundesweite Bildungsangebote.
Ein weiterer großer Teil unseres Angebots sind die Schulbesuche, bei denen Journalist*innen von Lehrkräften in ihre Schulklassen eingeladen werden können.

Wie läuft so ein Unterrichtsbesuch ab?

Lehrkräfte ab Schulklasse sieben können sich über den Button „Journalistenbesuche“ auf unserer Website an Ansprechpersonen im jeweiligen Bundesland wenden und bekommen dann eine/n Journalist*in vermittelt. Der Unterrichtsbesuch findet in Präsenz oder digital statt. Digital hat den Vorteil, dass auch Schulen außerhalb der „Medien-Standorte“ teilnehmen beziehungsweise auch mehrere Klassen zusammengeschaltet werden können. Der/die Journalist*in bespricht mit der Lehrkraft ein Thema. Das kann sein: „Wie recherchiere ich gut“, „Wie unterscheidet man News von Fake News“ oder „Was bedeutet „sauberer“ Journalismus“.

So nah kommen Schüler*innen normalerweise nicht an Journalist*innen heran. Dabei lernen sie auch, wie unterschiedlich in verschiedenen Medien mit Falschnachrichten umgegangen wird oder was eine Gegendarstellung ist. Spiegel-Chefredakteur Steffen Klusmann hat einer Schulklasse zum Beispiel mal Auskunft zur Relotius-Affäre gegeben und auch erklärt, wie der Spiegel selbst zur Aufklärung beigetragen hat. Viele junge Menschen wissen oft nicht, wie aufwändig es ist „seriösen“ Journalismus zu betreiben.

In Zeiten von Social Media, wo jede/r munter drauf los posten kann, ist es ja auch nicht verwunderlich, dass Kinder nichts über „seriösen“ Journalismus wissen, oder?

Ja, tatsächlich. Daher hatten wir in unserem Journalist*innen-Pool im Mai zum Tag der Pressefreiheit bundesweit zum Beispiel auch Mirko Drotschmann oder Mai Thi Nguyen-Kim, die den Kindern und Jugendlichen von YouTube als „Mr. Wissen to go“ und „MaiLab“ bekannt sind.

Es gehört zum Mediengrundwissen dazu zu wissen, dass es den Beruf Journalist*in gibt. Und dass damit auch Pflichten einhergehen, wie Inhalte „sauber“ zu recherchieren – egal, wo sie veröffentlicht werden. Das müssen Kinder wissen beziehungsweise vermittelt bekommen.

Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen hat den Begriff der „redaktionellen Gesellschaft“ geprägt. Das heißt jede/r, egal wie alt sie/er ist, ist Journalist*in und muss das Handwerkszeug kennen, wie man Medien produziert und gut recherchiert.

Und wie vermitteln wir Kindern und Jugendlichen dieses „Handwerkszeug“?

Der beste Ansatz der Wissensvermittlung ist das Selbermachen, wenn schon die Jüngsten von Konsument*innen zu Produzent*innen werden. Denn das Können zeigt sich im Tun.

Die Schüler*innen können mir viel erzählen oder in Klassenarbeiten über Medien schreiben, erst im Umsetzen des Gelernten in eigenen Produktionen stellt sich heraus, ob sie es auch verstanden haben.

Bestes Beispiel ist hier in Hamburg die Jugendredaktion SchnappFisch bei TIDE – dem Bürger*innensender und Ausbildungskanal. Hier lernen Kinder und Jugendliche übers Selbermachen in Workshops, wie Journalismus funktioniert.

Und schon mit Kindern regelmäßig Nachrichten zu thematisieren hilft, ihnen das Handwerkszeug nahezubringen.

Was beobachten Sie bei Ihren Unterrichtsbesuchen: Warum fällt es Kindern und Jugendlichen so schwer, Falschmeldungen aufzudecken?

Vor allem die jüngeren Kinder vertrauen natürlich dem, was die Erwachsenen sagen. Mama und Papa haben immer recht. Für sie ist es schwer zu verstehen, dass auch falsche Informationen veröffentlicht werden, denn für sie erst einmal alles wahr, was ihnen die Erwachsenen erzählen.

Vielen älteren Kindern bzw. Jugendlichen fehlt das Wissen, was eine gute News ist. Sie brauchen es aber, um sie von Fake News unterscheiden zu können. Das sind Kompetenzen, die sie im Unterricht lernen sollten: Was eine Nachricht, Reportage oder ein Bericht ist. Das ist Thema in der Mittelstufe, spätestens ab Klasse sieben. Später kann es Teil der Abschlussprüfungen sein.

Lehrplan ab Klasse 7?! Müssen wir da nicht schon viel früher ansetzen?

Unbedingt. Sobald ein Kind Informationen aufnehmen kann, sollte es auch lernen, sie kritisch zu hinterfragen. Meiner Meinung nach ist die Grundkompetenz neben dem Rechnen, Lesen und Schreiben auch das Recherchieren. Man kann ja auch nicht rechnen, wenn man die Grundrechenarten nicht kennt. Und so sollte man auch kritisch mitdenken, wenn man liest oder Texte verfasst, und Informationen durch Recherche checken können. Diese vierte Grundkompetenz sollte meiner Meinung nach spätestens in der Grundschule vermittelt werden.

Denn wenn Kinder schon früh lernen mitzudenken, sind sie nicht so einfach manipulierbar. Sind sie aufgeklärt, können besser mitbestimmen. Das ist für unsere Demokratie wichtig. Wir leben in einer Mitmach-Gesellschaft. Dafür brauchen wir mündige Kinder und keine, die Erwachsenen alles glauben.

Kinder sind neugierig, da sind sie den Journalist*innen auch sehr ähnlich. Aber Kinder sind eben auch anfällig für Manipulation, denn das System hinter Falschnachrichten ist für sie schwer nachvollziehbar. Warum sollte mich jemand anlügen, der mich nicht mal kennt? Die Social Skills wie Empathie, Kommunikations- und Kritikfähigkeit sind wichtig für das Leben in einer Demokratie. Diese sollte man schon früh vermitteln.

Apropos früh beginnen, im Hauptjob sind Sie Lehrerin an der Fachschule für Sozialpädagogik, dem Fröbelseminar, in Hamburg und bilden dort angehende Erzieher*innen aus. Ist die Förderung der Informationskompetenz denn schon was für Kita-Kinder?

Ja, auf jeden Fall. Da haben meine Schüler*innen schon richtig gute Ideen entwickelt und ausprobiert. Zum Beispiel die Kinder als Kinderreporter*innen mit Mikrofon ausgestattet losschicken und sie Fragen stellen lassen – auf der Straße oder auch zu Hause. Sie ihre Eltern nach ihrer Biografie oder nach ihrem Beruf ausfragen lassen. Oder ein Hörrätsel zu „Wie klingt mein Tag“ erstellen lassen.

Über genaues Hinhören und genaues Wahrnehmen lernen die Kinder auch kritisch zu sein.

Die eigene Produktion beispielsweise von Interviews stärkt ihr Selbstbewusstsein, vor allem wenn ihre Ergebnisse später vor Eltern präsentiert werden. Audioarbeit ist dafür sehr gut geeignet. Das kann jedes Kind.

Eine meiner angehenden Erzieherin hat mit Vierjährigen eine Redaktionskonferenz gemacht, bei der alle Kinder mitbestimmen durften, welches Thema die kleinen Reporter*innen erforschen möchten. Meine Schüler*innen haben unter anderem einen Elternabend über „Fake News“ gehalten und Infoflyer gestaltet und für die Kinder eine Bilderbuchgeschichte zum Thema erstellt. Sogar eine eigene Radiosendung hat der Kurs produziert. Weitere Infos

Welchen Tipp geben Sie Eltern noch mit auf dem Weg, um Kinder in ihrer Medienkompetenz zu stärken?

Es gibt einige gute altersgerechte Angebote für Kinder, wie „logo“ oder auch Print-Magazine. Die können Eltern gemeinsam mit ihren Kindern anschauen und dann über die Inhalte sprechen. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat Angebote, der SWR zum Beispiel den Fake Finder Kids, oder der Deutschlandfunk – übrigens teilweise auch in einfacher Sprache. Vielleicht lohnt auch eine Nachfrage bei Kitas oder Schulen nach Unterstützungsangeboten.

Wichtig ist aber auch Medienpausen einzulegen und sich nicht immer und überall zu informieren oder News permanent zu konsumieren. In Zeiten von Social Media mit ihren endlosen Informationen ist das gar nicht so einfach.

Besonders wichtig finde ich, dass Eltern wissen, dass es nicht schlimm ist, selbst Wissenslücken zu haben. Sie sollten ihren Kindern den Weg zu Informationen nicht verwehren, sondern sie dabei unterstützen, ihn zu finden. Bestenfalls lernen sie gemeinsam mit den Kindern. Eltern können auch Vorbilder sein, indem sie selbst Nachrichten lesen, hören oder sehen. Denn, das wusste schon Karl Valentin: „Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach.“

Dieser Artikel ist als Online-Artikel zur scout-Ausgabe 1/2022 "Erzähl mir nichts vom Pferd" erschienen.

scout 2/2024 "KI and ME"
Cover scout Magazin 2/2024: KI and ME

Was Kinder und Jugendliche mit künstlicher Intelligenz machen. Und was die künstliche Intelligenz mit ihnen macht.

Die scout-Ausgabe 2/2024 können Sie hier aufrufen: "KI and ME"

Was können wir noch glauben? 

Die „Deepfake Detectives“ kommen zum Einsatz, wenn Schüler*innen in die Geheimnisse der Manipulation von Bildern, Filmen und Tönen eingeweiht werden.

Colin Kavanagh ist einer der Erfinder des erfolgreichen schleswig-holsteinischen Medienkompetenzprojekts www.deepfake- detective.de, das die Firma „techagogics“, für die Staatskanzlei Schleswig-Holstein entwickelt hat. Termine sind für Schulen kostenlos. 2025 gibt es neue Workshops zu „KI und Demokratie“: „GPT Detective“ und „Data Detective“ zeigen, wie Entscheidungen datenbasiert getroffen werden. „Conspiracy Detective“ nimmt den Einfluss der KI bei Verschwörungstheorien unter die Lupe.

scout: Bevor wir richtig loslegen – was sind überhaupt „Deepfakes“?

Colin Kavanagh: Wir verstehen darunter die Manipulation von Fotos, Filmen oder Tonaufnahmen per Künstlicher Intelligenz. Ein Beispiel: Ihr kennt vielleicht den Papst in der aufgeblähten, weißen Daunenjacke? Das sieht lustig aus – doch oft werden Deepfakes auch für Fake News genutzt. So hat Donald Trump im US-Wahlkampf ein Deepfake-Bild von Taylor Swift generiert, um so die „Swifties“ von ihm zu überzeugen. Das hat Taylor Swift aber gar nicht gefallen.

Und was tun die „Deepfake Detectives“ dagegen?

Wir bieten Schulklassen aus dem Norden kostenlose halbtägige Workshops bei uns in Kiel an, bei denen sie eine Detektiv-Ausbildung erhalten: In verschiedenen interaktiven Stationen begegnen sie Deepfakes und lernen, diese anhand von verschiedenen Kriterien zu erkennen, die wir gemeinsam erarbeiten. Unser Ansatz ist aktivierend, macht Spaß. Mittlerweile haben über 2.000 Schüler*innen aus den 5. bis 10. Klassen ihren Detektiv-Ausweis bekommen.

Ein Beispiel für eine solche „interaktive Station“?

Das fiktive „Amt für Cyberkriminalität“ betreten die Schüler*innen mit der Virtual-Reality-Brille. Erkennen sie ein gefälschtes Bild, müssen sie es in der Virtual-Reality-Welt gegen die Wand des Amts werfen und zerstören. Das ist unser Highlight, die Jugendlichen und auch Lehrkräfte lieben es!

Ist alles so spannend und so „aktiv“?

Wir diskutieren auch sehr viel gemeinsam mit den Schüler*innen über viele Aspekte der KI. Und wir wollen sie vorher erst einmal abholen, erfahren, wie sie KI in ihrem Alltag selbst erleben, welche Berührungspunkte es schon gibt. Grundsätzlich geht es uns darum, dass wir den klassischen Unterricht ergänzen wollen, mit Inhalten, die Spaß machen, aktivieren und gleichzeitig sehr relevant sind.

Und welche gibt es?

Ganz klar: Künstliche Intelligenz ist längst in der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen angekommen! Wenn wir nach Beispielen fragen, sagen viele: „Ich kenne da ein TikTok von einem Schauspieler, ist gedeepfakt worden.“ Oder sie haben bereits ChatGPT genutzt. Dass sie solche Erfahrungen gemacht haben, heißt aber noch lange nicht, dass sie auch eine Kompetenz im Umgang besitzen. Bei Lehrer*innen ist das oft eher umgekehrt: Die haben selbst weniger Kontakt mit KI – aber genau hier öffnet sich dann die Chance, gemeinsam miteinander zu lernen, in den Austausch zu gehen.

Worum geht es in den Diskussionen?

Das große Thema ist: Was können wir glauben? Seit dem Siegeszug von ChatGPT haben ja alle mitbekommen, wie leicht zugänglich KI ist und auch, wie wirkmächtig sie sein kann. Wir reden darüber, was Deepfakes für die Demokratie bedeuten, aber auch, wie man sie vielleicht selbst nutzen kann, für sinnvolle oder auch einfach nur lustige Zwecke. Wenn wir erklären, wie KI-Modelle mit welchen Daten gefüttert werden, wird allen klar, dass mit diesen Vorbedingungen auch die Ergebnisse beeinflusst werden. Das ist alles Thema bei uns. Die Schüler*innen haben diese grundlegenden Hintergrundinformationen ja meist noch nicht. Sie glauben, KI ist eine einzige, große Einheit. Wir brechen das gemeinsam in verschiedene Einzelteile auf. Und sprechen dann auch auftretende Probleme und Chancen an.

Zum Beispiel?

Die Frage der Datensouveränität: Wo kommen die Daten her, auf denen KI beruht? Vielleicht auch von mir? Und will ich das überhaupt? Das mündet auch in ethische Fragen: Sind KI-Bots für einsame ältere Menschen ein tolles Werkzeug? Oder doch irgendwie traurig? Zum Thema digitale Identität: Möchte ich mit allen meinen Daten vielleicht als KI-Anwendung „weiterleben“? Manche finden das toll, andere schrecklich. Da wird ganz spannend debattiert. Insgesamt mache ich mir um diese Generation weniger Sorgen als vorher. Viele Teilnehmer*innen erkennen Deepfakes sehr schnell, nachdem sie Detective geworden sind. Dazu haben Sie tolle Ideen, wofür man Deepfakes sinnvoll nutzen kann. Ich sehe keine Generation, die „an TikTok verloren“ ist! Medienkompetenz ist der Schlüssel, um das vorhandene Potenzial der Jugendlichen zu nutzen und gleichzeitig die Gefahren der KI zu reduzieren.

Das sind alles ja sehr große Themen – und da gehen die Schüler*innen mit?

Unsere Erfahrung: ja! Und das ganz unabhängig davon, ob die Schüler*innen von Berufsschulen oder Gymnasien kommen oder auch aus Inklusionsschulen. Es ist ein gesellschaftliches Thema für alle und für jedes Alter. Diese Zugänglichkeit war uns von Anfang an besonders wichtig. Die Lehrer*innen erzählen hinterher nicht selten, dass beim Workshop stille Jugendliche aktiviert wurden. Und auch, dass solche, die sonst eher für Unruhe im Unterricht sorgen, hier engagiert mitgemacht haben.

Wie erklären Sie sich das?

Erst einmal ist es der Zugang. Die merken: Wir sehen euch, wir hören euch zu. Dann aktiviert auch das Setting außerhalb der übliche Schulsituation. Viele Schüler*innen, die von anderen von den Workshops gehört haben, kommen mit großer Erwartung hier an. Die haben sich teilweise schon monatelang darauf gefreut.

Was haben Sie selbst noch für interessante Erkenntnisse gewinnen können?

Wir finden es erstaunlich, dass die Schüler*innen Deepfakes umso besser erkennen, je jünger sie sind. Es zeigt, dass diese Fähigkeit im Umgang mit KI schon früh aktiviert werden kann. Bei unserer Arbeit selbst haben wir festgestellt, dass die Deepfakes, die wir für den Workshop entwickeln, in einem solchen Maße besser werden, dass wir sie beim ersten Anschauen oder Anhören kaum noch selbst als solche erkennen würden. Das verändert den Zugang zum Thema noch einmal. Wir müssen anerkennen, dass wir in einem Zeitalter der Mehrdeutigkeit leben und mit den Schüler*innen Strategien des Umgangs damit entwickeln. Sie müssen erkennen, dass authentisch nicht mehr automatisch real bedeutet. Das zählt zu den grundlegenden Erkenntnissen, die Medienkompetenz vermitteln muss. Und ist ein grundlegender und laufender Prozess. Unsere Erfahrung ist: Die Schüler*innen haben Lust darauf und machen dabei gerne mit!

Dieser Artikel in scout-Ausgabe 2/2024 "KI and ME" erschienen.

„Bei KI wünsche ich mir ein Zusammenrücken von Medienpädagogik und politischer Bildung!“ 

Die Medienpädagogin Viktoria Magnucki spricht mit scout darüber, wie Jugendlichen die gesellschaftlichen Auswirkungen von KI vermittelt werden können.

Viktoria Magnucki lehrt als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Hildesheim und arbeitet mit dem Fokus auf Film und Künstlicher Intelligenz in der pädagogischen Praxis.
Mehr Infos auf www.verdreht.org

scout: Können Sie Ihr Projekt „KI and ME“ kurz vorstellen?

Viktoria Magnucki: KI and ME ist ein Filmworkshop für Jugendliche, in dem wir dem Thema „Künstliche Intelligenz“ auf zwei Weisen begegnen: Wir drehen zusammen mit den Schüler*innen Filme über eine Zukunft, die durch KI bestimmt ist. Und wir verwenden dabei in allen Schritten der Filmproduktion generative KI. Besonders wichtig ist uns dabei, eine Praxis einzuüben, in der wir KI nicht nur zum Generieren verwenden, sondern die Ergebnisse immer kritisch reflektieren und bearbeiten. Ich denke, dass die Bildgenerierung dabei ein sehr gutes Tool sein kann, um über „Biased Data“ (voreingenommene Daten) aufzuklären. Denn die Bilder, die entstehen, sind oft von Stereotypen und Klischees geprägt.

Nach Ihrer Erfahrung: Kennen sich die Jugendlichen besser oder schlechter aus mit KI, als Sie gedacht hatten?

Eher besser, denn das Bearbeiten von Hausaufgaben mit ChatGPT ist mittlerweile Alltag. Wir haben erlebt, dass in jeder Klasse einige Jugendliche in ihrer Freizeit schon Erfahrung mit generativer KI wie Bildgenerierung oder Soundbearbeitung gemacht haben. es auf diese Datensätze ankommt und diese fehlerhaft und voreingenommen sein können. In der Anwendung der Tools haben sie kaum Berührungsängste. Die Theorie dahinter und das Verständnis über die Funktionsweisen der KI sind allerdings ein anderes Thema. Dieses Wissen müssen wir vermitteln.

Grundsätzlich: Wie wichtig ist das Thema für Kinder und Jugendliche?

Ich denke, dass das Thema sehr wichtig für junge Menschen ist und Gegenstand medienpädagogischer Arbeit sein sollte. Noch fasziniert das Thema Jugendliche. Sie gewöhnen sich aber auch sehr schnell an die neuen Möglichkeiten. Im Filmprojekt wird dann von den Jugendlichen schon mal angenommen, dass die KI „alles kann“ – im Sinne von: „Das klärt dann später die KI, jetzt machen wir erst mal weiter.“ In den Momenten merken wir Medienpädagog*innen, dass sich die Jugendlichen auch gerne auf eine effektive Lösung verlassen, anstatt selbst eigene kreative Lösungen zu suchen.

Was müssen Kinder und Jugendliche über KI wissen?

Kinder und Jugendliche müssen ein Grundverständnis dafür haben, wie KI lernt, Stichwort „Deep Learning“. Deep Learning beschreibt das eigen­ ständige Lernen neuronaler Netze auf Grundlage riesiger Datenmengen. Erst dann können sie verstehen, dass es auf diese Datensätze ankommt und diese fehlerhaft und voreingenommen sein können. Außerdem sollten sie lernen, dass prominente Anwendungen wie ChatGPT und Midjourney zu Unternehmen gehören, denen es in erster Linie um Gewinnmaximierung geht – und nicht um Datensicherheit, Fairness oder Demokratie.

Wenn Jugendliche TikTok oder YouTube öffnen, werden sie mit einem Empfehlungsalgorithmus konfrontiert, der sie möglichst lange auf der Plattform halten soll. Gleichzeitig verstärkt KI die Möglichkeiten, Desinformation und Fake News, auch zu politischen Themen, zu verbreiten. Ich wünsche mir deswegen ein engeres Zusammenrücken von Medienpädagogik und politischer Bildung!

Was sollen Lehrer*innen in diesem Kontext erkennen und beherzigen?

Ich denke, dass Lehrer*innen gemeinsam mit ihren Klassen heraus­ finden sollten, welche Potenziale die Anwendungen für die Schüler*innen und deren individuelle Bedürfnisse haben könnten: Es geht also um das Bereitstellen und ebenso das kritische Reflektieren von Anwendungen. Natürlich können KI­Systeme auch für die Lehrer*innen sehr hilfreich sein, zum Beispiel bei der Erstellung von Materialien und deren Anpassung an die verschiedenen Voraussetzungen der Schüler*innen. Schule muss zeitgemäße Aufgabenstellungen und Methoden bereitstellen, die einen produktiven Umgang mit KI fördern, ohne dass die Aufgaben komplett durch ChatGPT und Co. gelöst werden können.

Was muss aus medienpädagogischer und aus Jugendschutzsicht zukünftig passieren, damit KI-Inhalte sich nicht negativ auf Jugendliche auswirken?

Einerseits denke ich, dass ein produktiver Umgang mit KI der einzige sinnvolle Weg ist. Die Technik ist im Alltag angekommen und wird bleiben. Gleichzeitig dürfen wir nicht den Fehler machen und die Jugendlichen mit dem Thema alleinlassen. Nur weil sie die Tools oftmals selbst­ verständlich nutzen, heißt das nicht, dass sie die gesellschaftliche Bedeutung abschätzen können. Außerdem müssen wir als pädagogische Fachkräfte auch hier die Chancengleichheit berücksichtigen und Zugänge für alle Jugendlichen schaffen. Fachkräfte und Institutionen müssen jetzt KI als Thema der Medienpädagogik wahrnehmen. Sie müssen neue Konzepte und Methoden entwickeln, diese erproben. Die gesellschaftlichen Auswirkungen von KI sollten dabei im Fokus stehen. Künstlich intelligente Systeme dürfen nicht nur als Hilfswerkzeuge und technische Entwicklungen verstanden werden: Sie prägen ja, wie wir jetzt und zukünftig kommunizieren und in Gemeinschaft leben werden.

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 2/2024 "KI and ME" erschienen.

An ihren Händen sollst du sie erkennen: 5 Tipps zum Erkennen von Deepfakes.

Diese Tipps zum Erkennen von Deepfakes hat uns Colin Kavanagh zusammengetragen, Miterfinder von https://deepfake-detective.de.
Vielen Dank!

Colin Kavanagh ist Mitgründer der Firma „techagogics“, die die "Deepfake-Detective" für die Staatskanzlei Schleswig-Holstein entwickelt hat. Termine sind für Schulen kostenlos. Kommendes Jahr gibt es neue Workshops zu „KI und Demokratie“: „GPT Detective“ und „Data Detective“ zeigen, wie Entscheidungen datenbasiert getroffen werden . „Conspiracy Detective“ nimmt den Einfluss der KI bei Verschwörungstheorien unter die Lupe.

Tipp 1
Komische Kanten im Gesicht

Achte besonders auf Stirn, Augen, Mund und Kinn: Wenn zwei Gesichter getauscht wurden, kann es am Übergang zwischen zwei Hauttypen zu Fehlern kommen. Manchmal sieht man dann eine unnatürliche scharfe Kante. Wenn nur der Mund ausgetauscht wird und die Lippenbewegung erzeugt wird, kann das merkwürdig aussehen, weil die Falten und auch die Augen im Gesicht sich nicht natürlich dazu bewegen.

Tipp 2
Die Friseur*innen haben versagt

Haare sind für KIs extrem schwierig zu simulieren. Daher sehen sie oft unrealistisch aus, richtiggehend „platt“. Forsche deshalb insbesondere in der Frisur oder auch im Bart nach Stellen, die nicht wirklich echt wirken.

Tipp 3
In den falschen Händen

Alles, was das Gesicht verdeckt, macht es der KI schwer. Eine Brille kann zum Beispiel zu seltsamen Lichtreflexionen führen, weil es sehr schwer ist, diese richtig nachzuahmen. Der Endgegner für KIs sind Hände vor dem oder am Gesicht. Der Grund: Es gibt nicht viele Daten oder Fotos von Menschen mit Händen im Gesicht. Daher ist es für die KI sehr schwierig, so ein Bild richtig zu analysieren und dann realistisch zu faken.

Tipp 4
Den Hintergrund betrachten

Was ist das für ein komischer Schatten unter der Nase? Warum ist da ein grüner Fleck im Hintergrund? Die KI versteht unsere dreidimensionale Welt (noch) nicht völlig. Daher kommt es, je nach KI, in der Darstellung häufig zu sehr merkwürdigen Lichtern, Schatten und Artefakten besonders im Hintergrund und im Gesicht.

Tipp 5
Quelle, Quelle, Quelle!

Deepfakes entwickeln sich extrem schnell weiter. Wir werden uns damit auseinandersetzen müssen, dass wir sie irgendwann gar nicht mehr sicher erkennen können. Umso wichtiger ist es, dass wir wissen, wer die Quelle des Bildes ist, warum die Quelle das Bild gepostet hat und wie seriös diese Quelle ist.

Das ist eine große Aufgabe: Wir werden lernen müssen, in einer Welt zu leben, in der Deepfakes ein „normales“ Phänomen sind. Je mehr wir über sie wissen, umso kompetenter sind wir im Umgang mit ihnen. Will heißen: Wir müssen immer weiter am Ball bleiben!

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 2/2024 "KI and ME" erschienen.

Das Interesse an der Blackbox KI - 6 Fragen zum Thema „KI im Schulunterricht“

scout hat Moritz Kreinsen zum Thema "KI im Schulunterricht befragt.

Moritz Kreinsen ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hamburg. Er ist Koordinator im Projekt Digital and Data Literacy in Teaching Lab (DDLitLab) und lehrt und forscht in der Informatikdidaktik zu den Themen AI Literacy und Data Literacy in Schule und Unterricht sowie in der Lehrkräftebildung.

Können Sie etwas über die „AI Education Week“ erzählen? Wie sind Ihre Erfahrungen, welche Ideen und evtl. sogar Konsequenzen würden Sie daraus ableiten?

Im Rahmen der „AI Education Week“ konnten Schüler*innen, (angehende) Lehrkräfte und Studierende ein niedrigschwelliges und forschend-entdeckendes Format zum Verstehen der Funktionsweise von KI-Systemen ausprobieren. Möglich wurde dies durch die Kooperation von Schülerforschungszentrum (SFZ) Hamburg und Universität Hamburg sowie durch die Förderung des Medienbildungsfonds Hamburg.

Es ist aus der Idee heraus entstanden, alltägliche KI-Phänomene für die Zielgruppen erklärbar zu machen – seien es Text-, Bild- oder Audio-Erkennung oder Generierung, Empfehlungsdienste auf Social Media oder Musik- und Videostreaming-Plattformen, Navigationssysteme oder aber auch smarte Haushaltsgeräte. Ziel war es, den Blick über die bloße Benutzung von Systemen hinaus zu weiten und die dahinterliegenden Mechanismen zu entmystifizieren.

Dafür haben wir das das mobile Lernlabor „Künstliche Intelligenz in der Kiste“ (KIKi) nach Hamburg geholt. Es wurde entwickelt durch das Schulmuseum Nürnberg und die Professur für Didaktik der Informatik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Informatik 3 der FAU. Es deckt verschiedene Stationen ab, die spielerisch und größtenteils „unplugged“ (also ohne Computer und Strom) die genannten Mechanismen beleuchten.

Wir haben die Lerner*innen gleichzeitig dazu angeregt, eigene KI-Projektideen und
-Lösungsansätze für Alltagsprobleme zu entwickeln. Besonders spannend war, dass viele der Schüler*innen so motiviert waren, dass sie später an ihren Projektideen weiterarbeiten wollten, was wir dann durch das SFZ Hamburg im sogenannten „freien Forschen“ realisieren können.

Die positive Resonanz zeigt, dass es großes Interesse gibt, das Lernlabor erneut nach Hamburg zu bringen. Wir haben gelernt, dass außerschulische Lernorte eine sehr gute Möglichkeit bieten, die Motivation und Kreativität der Jugendlichen anzuregen, indem sie Inhalte in einem größeren Zusammenhang erarbeiten. Anschließend konnten sie Ressourcen und Unterstützung nutzen, um ihre eigenen Ideen und Schwerpunkte forschend-entdeckend in Projekten zu vertiefen. Die interaktiven und praktischen Stationen halfen dabei, das Interesse an der „Blackbox“ KI zu wecken. Wir denken, dass es sinnvoll wäre, das Format langfristig in Hamburg zu etablieren. Mit der Unterstützung von anderen Bildungseinrichtungen oder Stiftungen könnte dieses wertvolle Angebot dauerhaft hier bei uns im Norden zugänglich gemacht werden und so die KI-Bildung in und um Hamburg praxisnah bereichern.

Was wissen Schüler*innen über KI? Was wissen sie nicht?

Das kommt natürlich ganz darauf an: Sprechen wir von Schüler*innen der Grundschule, Mittelstufe oder Oberstufe? Sprechen wir von Schüler*innen welche keinen, wenig oder viel Informatikunterricht in der Schule haben? Und wie ist die Sozialisation, der sozioökonomische Status der Schüler*innen oder auch deren Zugang zu Medien und Informatiksystemen? Logisch scheint: Nach Lerngelegenheiten mit, durch oder über KI zum Beispiel im Schulunterricht wissen Schüler*innen mehr als vorher.

Die Forschung zeigt, dass Schüler*innen mit vielen unterschiedlichen Vorstellungen und Erklärungen für KI-Systeme im Unterricht ankommen. Viele davon basieren auf Beobachtungen, die sie vor allem über Darstellungen in den (sozialen) Medien erworben haben. Hinzu kommen eigene Erfahrungen im Umgang mit „intelligent“ wirkenden Systemen, wie beispielsweise Empfehlungen von ähnlichen Musiktiteln in Streaming-Apps.

Das Aufsehen um generative Machine-Learning-Systeme wie ChatGPT hat dieses Bild noch einmal stark verzerrt. Deshalb beziehen sich viele Erkläransätze von Schüler*innen nun häufig auf Beobachtungen text- oder bildgenerierender Systeme.

Welche Rolle spielt KI im (Schulalltag) heute von Kindern und Jugendlichen? Wo kann sie sinnstiftend eingesetzt werden, wo und wie stört sie?

Wenn im Unterricht nicht explizit über KI gelernt wird, dann kann trotzdem mit oder auch durch KI gelernt werden. Und das passiert auch: viele der Apps und Software, welche heutzutage im Unterricht eingesetzt werden, enthalten bereits Komponenten, welche auf Basis verschiedener sichtbarer aber auch unsichtbarer Daten individualisiertes Lernen und Feedback erlauben, um Inhalte und Materialien so auf die Bedürfnisse der Lernenden zuzuschneiden.

Das sollte den Schüler*innen natürlich auch transparent gemacht werden. Im Sinne einer umfassenden KI-Bildung sollte bestenfalls an solchen direkten Anwendungsfällen auch das Lernen über KI stattfinden. Natürlich gibt es aber auch noch die menschliche Komponente: Lehrkräfte erfreuen sich der neuen technologischen Möglichkeiten generativer Machine-Learning-Systeme und nutzen entsprechende Systeme für Unterrichtsplanung und Differenzierung von Lernmaterialien. So spielt KI in diesen Fällen vielleicht sogar eher indirekt eine Rolle im Schulalltag der Schüler*innen.

Negative Effekte entstehen vor allem dann, wenn Schüler*innen KI-Systeme unreflektiert einsetzen und durch fehlende KI-Bildung ein fehlerhaftes Verständnis darüber noch verstärkt wird. Ich spreche hier nicht über Täuschungsversuche bei Hausaufgaben oder gar bei Prüfungen (auch wenn dies natürlich auch seine berechtigte Debatte verdient).

Mir geht es vielmehr um Fälle, bei denen Sprachmodelle von Schüler*innen fälschlicherweise wie Suchmaschinen verwendet werden, um an Informationen zu gelangen und Tools wie ChatGPT zum „neuen Google“ werden.

Wie soll und kann Schule auf die technologische Revolution durch KI reagieren? 

Zunächst einmal gibt es genauso wenig „die KI“, wie es „den Algorithmus“ gibt, weil es unzählige Systeme gibt, die für unterschiedliche Probleme und Szenarien entwickelt wurden. Ebenso unterschiedliche Herausforderungen haben Schulen, wenn es um das Lehren und Lernen in der digitalen Transformation geht.

Generell gilt: Schulen müssen sich technologischen Fortschritten öffnen, die jeweiligen Chancen, die damit einhergehen, für sich nutzen und negativen Konsequenzen mit Haltung begegnen.

Wie kann „AI Literacy“ vermittelt werden (und was ist das eigentlich)?

„AI Literacy“ bezeichnet vor allem die Auseinandersetzung mit den allgemeinbildenden Aspekten des Themenfelds Künstliche Intelligenz, im Sinne einer Grundbildung. Wir stellen uns also die Frage: Was ist das Minimum an Kompetenzen, die es braucht, damit eine Person in einer Lebensrealität, umgeben von KI-Systemen in verschiedensten Anwendungsfeldern, souverän kommunizieren, zusammenarbeiten und mitgestalten kann? Dabei sollte sie gleichzeitig stets eine kritisch-reflektive Haltung bewahren.

Im gesellschaftlichen Diskurs dominiert eine offensichtlich lebenspraktisch relevante Anwendungsperspektive. Wichtig ist, dass eine KI-Bildung in der Schule daneben auch immer die technologischen und gesellschaftlich-kulturellen Aspekte in den Blick nimmt. Und demnach eben nicht nur zum Ziel hat, dass Schüler*innen in der Lage sind, Tools kritisch zu bewerten, auszuwählen und wissen, wie man diese zu welchem Zweck effektiv einsetzt. Sondern auch KI-Systeme und Anwendungsfelder im Alltag zu identifizieren. Und erklären zu können, wie Systeme von einer Eingabe zu einer Ausgabe kommen, welche Daten dabei wie verarbeitet werden. Ebenfalls, wie „Bias“ in Daten das Ergebnis maschineller Lernprozesse beeinflussen kann.

Sie fordern „Informatische Bildung für alle“ – was bedeutet das im Zusammenhang mit KI? Welche Kinder/Jugendliche drohen da abgehängt zu werden?

Informatische Bildung ist der Schlüssel zur Teilhabe an unserer zukünftigen und auch schon jetzigen digital-vernetzten Gesellschaft. KI-Bildung braucht die informatische Bildung vor allem, um die Kompetenzen zu den Funktionsweisen der dahinterstehenden Technologien bei den Lernenden auszubilden. Andernfalls ist es den Lernenden auch nicht möglich, die ethischen und gesellschaftlichen Implikationen von KI zu antizipieren und zu reflektieren, wodurch ebenso wenig digitale Souveränität sichergestellt werden kann.

Ohne grundlegendes Verständnis für Informatik fehlt den Lernenden also ein wichtiges Fundament, um die Funktionsweise von KI-Systemen zu verstehen, was zu einem oberflächlichen Verständnis von KI führen kann.

Informatische Bildung stellt die Fähigkeiten und Fertigkeiten sicher, die notwendig sind, um KI-Systeme zu verstehen, zu implementieren und weiterzuentwickeln. Dies wird auf dem zukünftigen Arbeitsmarkt von größter Relevanz sein. Auch könnten durch das Fehlen von informatischem Wissen innovative Ansätze zur Lösung von Problemen oder zur Weiterentwicklung von KI-Anwendungen nur eingeschränkt entwickelt werden.

Daher meine abschließenden Worte: Damit eben keine Kinder und Jugendlichen hier abgehängt werden, müssen die Möglichkeiten, sich informatisch zu bilden, für alle gleichermaßen geschaffen werden. Dies funktioniert nur mit einem eigenständigen verpflichteten Lernbereich in der Schule einerseits, was einem inklusiven Gedanken von digitaler Bildung folgt – und dem Zugang zu Technologie unabhängig der sozialen Herkunft andererseits.


Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 2/2024 "KI and ME" erschienen.

scout 2/2023 "Vorsicht, Freunde!"
Cover scout Magazin 2/2023: Vorsicht, Freunde!

In sozialen Medien wird Freundschaft gepflegt. Und allzu oft auch missbraucht. scout zeigt, wie man falsche Freund*innen erkennt.

Die scout-Ausgabe 2/2023 können Sie hier aufrufen: "Vorsicht, Freunde!"

Die wollen nicht nur spielen: Nazis im Gamechat 

Dr. Benjamin Strobel von der AKJS SH beobachtet die Kontaktaufnahme von Rechten im Netz: „Es wird zu wenig moderiert!“

Ein anderes Wort für Freunde ist „Vertraute“. Es bezeichnet Menschen, mit denen man im Vertrauen verbunden ist. Und das wird im Netz oft missbraucht. Julia Ebner, eine Soziologin, die die Radikalisierung von Nazis im Netz beobachtet hat, nachdem sie sich selbst mit falscher Identität in Chats einschlich, sagte in einem Interview:

„Das Traurige war […], dass zahlreiche der neuen Mitglieder in den Gruppen eher auf der Suche nach Liebe, Freundschaft, Kameradschaft und Identität waren.“ Nicht ohne Grund rekrutieren Rechtsextreme seit geraumer Zeit ihren Nachwuchs gezielt im Gaming-Umfeld: Laut aktueller JIM-Studie verbringen 63 Prozent der deutschen Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren „mehrmals pro Woche“ bis „täglich“ Zeit mit digitalen Spielen.

Die Kontaktaufnahme von rechts geschieht zum Beispiel direkt in den Game-Chats, sowohl im „Teamspeak“ als auch im In-Game-Chat, die beide parallel zum Spiel laufen. Da wird dann ein markiger Spruch abgesetzt oder ein provokantes Meme gepostet, um Grenzen zu testen. Wer positiv reagiert – oder nicht gleich Kontra gibt –, „wird in geschlossene Gruppen in Diensten wie Telegram oder Discord eingeladen“, erzählt Dr. Benjamin Strobel von der Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein e. V. (AKJS SH). Dort können die rechten Verführer dann in aller Ruhe weiter agitieren. Ein anderer Weg: „Die Rechtsextremen posten in Chats einen Link zu einem einschlägigen YouTube-Video rechten Inhalts. Wenn Jugendliche dann klicken, schiebt der Algorithmus immer mehr Videos ähnlichen Inhalts hinterher.“

Es gibt noch weitere Räume der Anbahnung: Da stehen Plattformen wie Twitch im Fokus. Dort werden Games live gestreamt und kommentiert wie ein samstägliches Fußballspiel. Auch hier schalten sich Fans in den Kommentar-Spalten zusammen. Oder auf Steam, einer viel besuchten Vertriebsplattform für Computerspiele, die ebenfalls Raum für Austausch in Communitys bietet: „Da wird kaum je auf die Inhalte der Chats oder Kommentare geschaut“, kritisiert Benjamin Strobel. Auch jugendschutz.net stellt fest, „dass Plattformbetreiber aus diesem Kontext Inhalte nur selten moderieren und auch auf Hinweise nur unzureichend reagieren.“

43 Prozent der befragten Jugendlichen der JIM-Studie 2022 sind im Monat vor der Befragung auf extreme politische Ansichten gestoßen.

Zielgruppe der rechten Kontaktaufnahme sind männliche Kinder und Jugendliche – in der Pubertät, auf der Suche nach ihrer Identität. Da locken dann Stimmen, die „neue Männlichkeit“ preisen, einfache Antworten auf drängende Fragen der Jugendlichen geben. Kenner der Szene beobachten schon länger die Vereinnahmung der Gaming-Kultur von rechts. Neonazis kopieren deren Slang und Symbole, um die eigenen Inhalte attraktiver und anschlussfähiger zu machen. Besonders auffällig und bedenklich werden die wechselseitigen Zusammenhänge, wenn rechte Attentäter – wie in Halle –ihre Anschläge wie ein Computerspie inszenieren und sogar streamen. Auch harmlose Spiele wie Minecraft können gekapert werden: wenn Spiele zum Beispiel große Hakenkreuze hinterlassen. Und schließlich gibt es auch offen rechte Spiele, die von Neonazis entworfen, programmiert und in den Markt gedrückt werden.

Was tun? „Eltern und Lehrer*innen müssen aufhorchen, wenn von Jugendlichen aus dem Nichts seltsame Sprüche kommen, (rechts-)extreme Haltungen entwickelt werden“, sagt Benjamin Strobel. Besser sei es, schon vorher gut Bescheid zu wissen, was der Nachwuchs spielt, wo und mit wem: „Eltern sollten sich zeigen lassen, womit sich das Kind beschäftigt, Interesse äußern, darüber reden. Klarmachen, wann Inhalte nicht cool sind. Und wann sie eigentlich gemeldet werden müssen.“

Da wissen Eltern oft selbst nicht so gut Bescheid: „Dabei gibt es eine Reihe von Anlaufstellen, wo ich Verstöße melden kann: zum Beispiel bei den Landesmedienanstalten oder der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz.“ Oder, ganz einfach: bei der Polizei.

Bitte melden!

Verstöße gegen den Jugendschutz können hier gemeldet werden: www.jugendschutz.net/verstoss-melden

Was tun gegen rechte Rekrutierung beim Gaming?

Allgemein:

https://www.jugendschutz.net/themen/politischer-extremismus
https://www.jugendschutz.net/themen/politischer-extremismus/artikel/rechtsextremismus-und-gaming

Melden:

https://www.hass-im-netz.info/melden.html


Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 2/2023 "Vorsicht, Freunde!" erschienen.

Linktipp: Politischer Extremismus

Artikel „Politischer Extremismus“ auf jugendschutz.net:

https://www.jugendschutz.net/themen/politischer-extremismus

Linktipp: Rechtsextremismus und Gaming

Artikel „Rechtsextremismus und Gaming“ auf jugendschutz.net:

https://www.jugendschutz.net/themen/politischer-extremismus/artikel/rechtsextremismus-und-gaming

 

Linktipp: Meldeportal "Hass im Netz"

Meldeportal des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz:

https://kompetenznetzwerk-hass-im-netz.de/

scout 1/2024 "Alles verbieten!?"
Cover scout Magazin 1/2024: Alles Verbieten!?

Können wir Kinder und Jugendliche besser schützen, wenn wir ihnen Smartphones und Social Media wegnehmen?

Die scout-Ausgabe 1/2024 können Sie hier aufrufen: "Alles verbieten!?"

Verbieten? Begleiten! 

Wenn wir Kinder und Jugendliche nachhaltig schützen wollen, ist Medienkompetenzvermittlung ein wichtiges Werkzeug.

Die Schulleiterin und Autorin des Bestsellers „Wir verlieren unsere Kinder" Silke Müller beschreibt schreckliche Inhalte, die von alarmierend vielen Minderjährigen angeschaut würden: Hinrichtungs- und Tierquälvideos, Nazisticker, Pornokonsum der härtesten Sorte, sexuelle Ausbeutung Minderjähriger per „Cybergrooming". Daher wünscht sie sich, Kindern und Jugendlichen das Smartphone und die Social-Media-Nutzung zumindest bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres vorenthalten zu können. Auch wenn sie natürlich weiß, dass das illusorisch ist. Doch seit dem Herbst des vergangenen Jahres mehren sich die Stimmen, die laut nach strikteren Nutzungsverboten rufen und die Gefährdung der Jugend durch Social Media, TikTok und Co. beklagen. Sie stellen dabei eine „Verrohung" der Jugendlichen durch diese Dienste fest. Und sie mutmaßen zudem, sinkende schulische Leistungen kämen von der ablenkenden Nutzung.

Wirken Verbote wirklich?

Diese Rufe ertönen nicht nur in Deutschland. Weltweit sind unzählige neue Einschränkungen der Smartphone- und Social-Media-Nutzung in der Planung oder bereits umgesetzt. Schwedische Vorschulen, Vorreiter in der Digitalisierung, entziehen den Kindern wieder ihre Tablets, Französische Kommunen verschenken Handys ohne Internetzugang an Jugendliche, wenn diese aufs Smartphone verzichten. Aber wirken Verbote überhaupt? Die Zweifel daran kommen meist weniger lautstark daher, werden deshalb auch weniger wahrgenommen. Verbote haben den Charme, auf den ersten Blick sinnvoll und wirksam zu wirken. „Dabei sind strikte Verbote meiner Meinung nach aber mit einer gewissen Denkfaulheit verbunden", sagt die nordrhein-westfälische Lehrerin Anika Osthoff, die (Co-)Autorin eines weiteren Bestsellers zur Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen ist: „Begleiten statt Verbieten" heißt das Buch. Eines stört sie an der Diskussion besonders: „Es wird dabei so getan, als existierten bisher gar keine Verbote." Aber das stimme nicht: „Es gibt sie ja schon, sowohl in Schulen als auch in Elternhäusern." Und das sei ja auch gut so. Doch wie der Titel des Buches es schon nahelegt: Anika Osthoff hält die Begleitung des Nachwuchses durch den Medien-Dschungel für das wirksamere Mittel, um eine schützende Wirkung zu erzielen.

Begleitung ab Tag eins

Begleiten heißt für sie: Ab dem ersten Tag der Mediennutzung an der Seite der Kinder zu sein, neue Apps und Dienste gemeinsam zu testen, regelmäßig einen Blick aufs Handy zu werfen, immer auf dem Laufenden zu sein: „Das ist ein ständiger Prozess, der nie aufhört. Und bei dem wir uns nicht irgendwann zurücklehnen dürfen und denken, es läuft schon." Und trotzdem könne immer noch etwas schiefgehen: „Dann weiß mein Kind, dass es sich jederzeit an mich wenden kann." Reine Verbote hingegen kappten diese Bindung zu den Jugendlichen.

Wie leicht es zudem für Jugendliche ist, Verbote zu umgehen, das konnte man unlängst im Magazin der Süddeutschen Zeitung nachlesen. Da wurden Jugendliche befragt, wie sie mit Verboten und technischen Einschränkungen wie Jugendschutzfiltern verfahren. In Kürze: Die lassen sich alle recht einfach knacken, die jungen Nutzer sind da sehr kreativ. Nicht zuletzt, weil die Jugendlichen technisch meist viel mehr draufhaben als ihre Eltern.

96 Prozent der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland besitzen ein eigenes Smartphone. 93 Prozent der Jugendlichen nutzen täglich ihr Smartphone . 88 Prozent sind jeden Tag online.

Es geht auch anders

Für die Schulen wird in der aktuellen Verbotsdiskussion etwas eingefordert, das eigentlich selbstverständlich sein müsste: Handys sollen den Unterricht nicht stören. Müssen dafür aber unbedingt strikte Verbote eingeführt und umgesetzt werden? Dass es anders geht, beweist das Küstengymnasium in Neustadt, wie dessen stellvertretender Schuldirektor Ralf Hübner erzählt: „Bei uns sind Smartphones während der Schulzeit erlaubt, wenn sie für schulische Zwecke und zurückhaltend genutzt werden." Lehrerinnen am Gymnasium sind aufgefordert, bei Schüler*innen nachzuhaken, wenn das offensichtlich nicht der Fall ist: „Wird gegen diese Regel verstoßen, kommt es eben zu Sanktionen." Weil alle - Schülerinnen und Lehrpersonal - Bescheid wissen, läuft das bis auf wenige Ausnahmen gut. Dann wird auch schon mal ein Gerät weggesperrt für die Dauer des Unterrichtstags. „Zur Erinnerung haben wir überall in der Schule freundlich erinnernde Post-its angebracht, die sagen: „Handy hat Pause". Hübner fehlen in der aktuellen Diskussion oft „Augenmaß und Realitätssinn". Schulen haben, jenseits des strikten Verbots, so viele Möglichkeiten, eigene sinnvolle und umsetzbare Medienregeln aufzustellen: Sie können die Nutzung zeitlich erlauben („Medienpausen" versus „Bewegungspausen") oder älteren Schüler*innen bestimmte Pausenräume für die Nutzung des Smartphones freigeben. Im Neustädter Gymnasium steht der liberale Ansatz zur Selbstkontrolle nicht auf einem Bein. Er geht stattdessen Hand in Hand mit intensiver Aufklärung rund um die Medienkompetenz.

Auf Prävention gesetzt

„Wir setzen sofort ab der 5. Klasse massiv auf Prävention, klären über alle möglichen Gefahren auf, die im Netz lauern", sagt Ralf Hübner. Die Schule biete zudem auch „Elterntraining" an, ermutigt die Erziehenden, „sich zu kümmern, zu kontrollieren, auch mal was zu untersagen". Auch Schulen können also begleiten, statt zu verbieten. Die Schule ist der eine Ort, an dem wirklich alle Kinder und Jugendlichen aus allen sozialen und familiären Hintergründen versammelt sind. Deshalb müssen genau hier verlässliche Medienkompetenz-Standards für alle sichergestellt sein, findet der Brandenburger Cyberkriminologe Professor Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger setzt sich wissenschaftlich mit digitalen Straftaten und „Interaktionsrisiken" in Social Media auseinander, eines seiner Themen ist „Kriminalprävention im Netz". Er sagt: „Da gegenwärtig die gesellschaftlichen Schutzmechanismen weitestgehend ineffektiv sind, ist die einzige echte Schutzmöglichkeit die verbindliche Vermittlung von Medienkompetenz in der Schule. Kinder bekommen teilweise ab der 1. Klasse Smartphones. Also muss die verpflichtende Vermittlung von Medienkompetenz an diesem Zeitpunkt starten!" Solches langfristige Investieren in Medienkompetenz könne die Risiken minimieren, dass Kinder zu Opfern oder auch selbst zu Tätern werden, sagt der Kriminologe.

Bitte mehr Medienscouts!

Es gibt noch eine „dritte Kraft" neben Eltern und Lehrenden, die gerne übersehen wird in der Diskussion: die Jugendlichen selbst. In ganz Deutschland existieren gut funktionierende Peer-to-Peer-Projekte (also „unter Gleichen"), wo Schüler*innen höherer Klassen ihren jüngeren Mitschülerinnen ihr Wissen über eine sichere Mediennutzung vermitteln. Sie bilden sich dafür weiter, engagieren sich freiwillig. Sie sind Ansprechpartnerinnen, denen man bei Problemen vertraut. Leider sind solche Medienscout-Projekte in Hamburg und Schleswig-Holstein immer noch eher die Ausnahme als die Regel. „Hier liegt Potenzial brach", sagt Claudia Kuttner, die in Schleswig-Holstein Peer-Projekte vernetzt und in weiteren Bundesländern tätig ist: „Medienscouts sind nicht nur für ihre jüngeren und gleichaltrigen Mitschülerinnen wichtig als Ansprech- und Vertrauenspersonen – oft richten sie sich mit Fortbildungs- und Informationsveranstaltungen auch an weitere Zielgruppen wie Lehrkräfte und Eltern, Grundschulkinder und sogar Senior*innen. Medienscouts liefern zudem mit ihren Perspektiven und Expertisen wichtige Impulse in Schulen, zum Beispiel für deren Medienpläne."

Alle sind gefragt

Silke Müller hat mit ihrem Buch eine sinnvolle Diskussion angestoßen. Es wäre schön, wenn diese in ihrem Verlauf nicht darauf verengt würde, das Verhalten der Jugendlichen zu regulieren. Unser Fazit: Die begleitende Vermittlung von Medienkompetenz ist ein wichtiges Werkzeug gegen Missbrauch und gefährdende Inhalte. Deshalb müssen alle an einem Strang ziehen: Eltern, Schule und auch die Jugendlichen selbst.

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2024 "Alles verbieten!?" erschienen.

"Wir wollen Ansprechpartner auf Augenhöhe sein" 

Thomas Hillers leitet die Social Media Sprechstunde in der Waldschule Hatten.

Herr Hillers, verraten Sie uns, was in Ihrer Sprechstunde zuletzt ein Thema war?

In letzter Zeit kursiert wieder ein Kettenbrief, den es schon vor Jahren gab. Der Absender stellt sich als ,,Momo" vor und sieht auf dem mitgesandten Bild aus wie ein Monster aus einem Horrorfilm. Im Text wird der Empfänger aufgefordert, den Brief weiterzuleiten, sonst passiere etwas Schlimmes. Ältere lachen über so was, aber Fünftklässlern kann das richtig Angst machen, also kommen sie zu mir.

Wie können Sie in so einer Situation helfen?

Ich kläre sie darüber auf, dass es exakt diesen Kettenbrief schon vor mehr als zehn Jahren gab. Dass es sich um einen üblen Scherz handelt, der nur ein Ziel verfolgt: jungen Menschen Angst zu machen. So kommen wir in ein Gespräch über die Frage, wie Manipulation genau funktioniert. Und wie man auf so was reagieren sollte.

Und wie sollte man reagieren?

Im Falle von Momo: gar nicht. Einfach löschen. Es gibt aber auch Fälle, wo die Lage komplizierter ist. Zum Beispiel, wenn man Fotos oder Videos erhält, die verbotene und oft extrem grausame Inhalte zeigen. So geistern seit geraumer Zeit Videos von Hinrichtungen durch mexikanische Drogenkartelle durchs Netz. Oder Kinderpornografie, Folterszenen, Tierquälerei, wirklich ganz abscheuliche Sachen. Ich habe hier Jugendliche sitzen, die mir sagen, dass sie nicht mehr gut schlafen, weil sie diese Bilder nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Hinzu kommt, dass es in solchen Fällen auch eine juristische Dimension gibt. Wenn das Chatprogramm die Inhalte nämlich automatisch auf dem Handy speichert, ist man technisch gesehen sofort „im Besitz" dieser Aufnahmen. Und das allein kann schon eine Straftat sein.

224 Minuten beträgt die tägIiche Online-Nutzung der 12- bis 19-Jährigen in Deutschland (JIM-Studie 2023). Am Wochenende ist die Nutzung allerdings deutlich länger als unter der Woche.

Können Sie eigentlich noch gut schlafen?

Besonders grausame Inhalte lasse ich mir grob beschreiben. Ich selbst sehe mir das nicht an, auch, um zu zeigen, dass man sich ernsthaft vor so was schützen muss. Je nach Inhalt entscheide ich dann, was zu tun ist. In der Regel rate ich dazu, die Datei zu löschen und den Absender zu blockieren. Wenn ich aber Grund zur Annahme habe, dass die Dateien für Ermittlungsbehörden relevant sein könnten, fordere ich die Betroffenen auf, ihr Handy der Polizei zu übergeben. Wenn es Anzeichen für ein Trauma durch die Darstellungen gibt, biete ich den Schülerinnen weitergehende Hilfe durch Beratungslehrerinnen oder Schulpsycholog*innen an.

Wer verschickt so was eigentlich und warum?

Es gibt ganz unterschiedliche Absender. Manchmal kommen die Nachrichten von anonymen WhatsApp-Accounts im In- oder Ausland. Manchmal leiten Schülerinnen so was aber auch per Airdrop weiter, also über eine offene Bluetooth-Verbindung. Auf diese Weise muss man nicht mal die Telefonnummer des Empfängers kennen. Es reicht, wenn man sich in der Nähe aufhält. Dann kann man sogar beobachten, wie das Opfer auf die Nachricht reagiert. Oft scheint es wirklich nur darum zu gehen, den anderen einen Schrecken einzujagen. Es gibt aber auch echte Versuche, Geld zu erpressen. So kursieren immer wieder Nachrichten, deren Absender behaupten, sie hätten die Laptopkamera des Empfängers gehackt und ihn bei privatesten Dingen gefilmt. Dann drohen sie, die Aufnahmen zu veröffentlichen, wenn man nicht zahlt. Auch wenn nur einer von 10.000 Empfängerinnen darauf hereinfällt, kann sich so was schon lohnen.

    27 Prozent der 12- bis 19-Jährigen konnten in der „JIM-Studie 2023" von sich sagen, Im letzten Monat keine negativen Erfahrungen Im Internet gemacht zu haben. Befragt wurden sie z. B. nach Hassrede, ungewollt aufgerufener Pornografie oder Gewaltvideos.

Der Bedarf an Hilfe und Beratung in diesem Bereich scheint enorm zu sein. Was würden Sie Schulen raten, die Ihrem Beispiel folgen möchten?

Ich glaube, es ist wichtig, dass Lehrkräfte, die eine solche Sprechstunde anbieten, sich mit der Materie auskennen, um auf Augenhöhe zu kommunizieren. Tatsächlich bin ich auf so ziemlich allen Plattformen, von Telegram über Reddit bis YouTube, unterwegs und erfahre auf diese Weise oft schon früh, was gerade „trendet", also wo der nächste Hype entsteht. Das kann der „Deo-Test" sein, bei dem man sich minutenlang Deo auf die Haut sprüht, bis es zu schmerzhaften Vereisungen kommt. Oder die „HotChips-Challenge", bei der ein Cracker gegessen wird, der so scharf ist, dass Jugendliche dabei schon kollabiert sind. Solche Mutproben kochen in regelmäßigen Abständen im Netz hoch, und wenn es mal wieder so weit ist, rufen wir erst die Klassen 5 bis 7 und im Anschluss die Klassen 8 bis 10 zusammen und klären sie über die Gefahren auf. Wir wollen Ansprechpartner für die Kinder und Jugendlichen sein.

Immer die neuesten Netztrends erkennen und direkt auf sie reagieren: Können Lehrerinnen das neben ihrer eigentlichen Arbeit überhaupt leisten?

Das ist eine Herausforderung, aber eine, der wir uns stellen müssen. Außerdem stellt die Beschäftigung mit diesen Themen auch eine Chance dar, über grundlegende Fragen des sozialen Miteinanders zu sprechen. Im vergangenen Jahr etwa wurde ein zwölfjähriges Mädchen in Deutschland von zwei Mitschülerinnen getötet. Als wenig später ein Social-Media-Account des Opfers im Netz geteilt wurde, gingen dort massenweise Beileidsbekundungen ein.
Wir haben dann sofort eine Vollversammlung einberufen und unseren Schülerinnen erklärt, warum sie sich an solchen digitalen Mobs nicht beteiligen sollten, auch wenn sie es gut meinen. Wir haben erörtert, inwiefern Anteilnahme in den sozialen Medien ein Vorwand sein kann, die eigene Bekanntheit zu steigern. Und wir haben darüber gesprochen, dass Trauer etwas Privates ist und nicht in der Öffentlichkeit verhandelt werden sollte. Da geht es um ganz zentrale ethische Fragestellungen.

Im besten Fall findet digitale Aufklärung also präventiv statt, um Schülerinnen auf die Gefahren im Netz vorzubereiten?

Ich denke, es muss beides geben. Prävention und Hilfsangebote. Und beides funktioniert nur, wenn Lehrkräfte sich wirklich auf die Inhalte einlassen, damit sie mitreden können. Ein Beispiel hierfür sind die zahlreichen Verschwörungstheorien, die im Netz kursieren. In meine Sprechstunde kommen immer wieder Schülerinnen, die im Netz von Ufo-Sichtungen, Reptilienmenschen oder den „Himmelsmenschen Anonaki" gehört haben. Da ich mich auch regelmäßig von den Algorithmen in die Abgründe dieser Verschwörungserzählungen treiben lasse, bin ich immer schon ganz gut im Bilde und kann helfen, die Mechanismen von solchen Geschichten zu verstehen. Meistens geht es bei Verschwörungstheorien ja darum, einen Schuldigen zu finden, dem man alles Böse anhängen kann. Wenn Schülerinnen, die zutiefst verunsichert sind, nach dem Gespräch mit einer Form von Erkenntnis- und Handlungssicherheit wieder gehen, habe ich mein Ziel erst mal erreicht.

Vernetzt - und doch verboten

Die Waldschule Hatten in Sandkrug bei Oldenburg setzt seit mehr als zehn Jahren voll auf Digitalisierung. So sind schuleigene Laptops und Tablets Teil des Unterrichtsalltags. Im Fach Digitalkunde lernen Schüler innen ab Klasse 5 nicht nur den technischen Umgang mit den Medien, sondern diskutieren auch ethische Fragen der Mediennutzung. Seit drei Jahren wird zudem die „Social-Media-Sprechstunde" von Thomas Hillers angeboten, die allen offensteht, die im diskreten Rahmen über Probleme im Kontext von sozialen Medien sprechen möchten. Die Nutzung privater Endgeräte hingegen ist auf dem Schulgelände generell verboten. Diese schädige nicht nur das soziale Miteinander, sondern am Ende auch die jungen Nutzerinnen selbst, lautet die These von Schulleiterin und Bestsellerautorin Silke Müller.

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2024 "Alles verbieten!?" erschienen.



Folgt den Scouts! Medienscouts machen Schüler*innen aus jüngeren Klassen fit

Sie wissen, was läuft - und haben Vorschläge für Regeln und Verbote für eine sichere Mediennutzung zusammengetragen.

Das Foyer der Jugendakademie in Bad Segeberg ist bunt beleuchtet, ein DJ sorgt für musikalische Begleitung: Willkommen beim „HIVE Barcamp 2024 für Medienscouts in Bad Segeberg! Ein Barcamp ist eine Spontan-Konferenz, bei der die Themen für die „Session" genannten Workshops erst am Veranstaltungstag von den Teilnehmerinnen vorgeschlagen und entschieden werden. Heute werden sich Medienscouts aus dem Norden vernetzen, insgesamt sind rund 50 Personen angereist, darunter auch Lehrerinnen, Verantwortliche aus dem Bildungsministerium und von verschiedenen Trägern der Jugendarbeit. Alle haben eins gemeinsam: Sie brennen für ihr Thema.

Die Moderatorin sammelt nach der Begrüßung Themen ein, die behandelt werden sollen. Wer eine Idee hat, steht einfach im großen Stuhlkreis auf und sagt ein paar Worte dazu. Die Themen decken die öffentlichen Diskussionen rund um die Mediennutzung von Jugendlieben gut ab: So werden halbstündige Sessions zu Cybergrooming und Sexualität im Netz, dem Einfluss von künstlicher Intelligenz, Fake News, Gaming, Social Media und Essstörungen, Sicherheit im Internet und Influencer-Challenges an Schulen angeboten - und angenommen.

Als Landeskoordinierungsstelle für Medienpeers in Schleswig-Holstein organisiert der Verein Aktion Kinder- und Jugendschutz Schleswig-Holstein (AKJS) das HIVE-Barcamp. Auch das scout-Magazin schlägt eine Session vor, zu unserem Heftthema „Alles verbieten!?". Wenig später finden wir uns mit etwa einem Dutzend Teilnehmerinnen wieder in einem Raum, der gemütlich mit Sofas bestückt ist. Die Scouts erzählen von den Erfahrungen mit Smartphone-Nutzung an ihren Schulen. Da wird schnell klar: Einen landesweit gleichen Umgang mit Regeln und Verboten gibt es nicht. Jede Schule kocht ihr eigenes Süppchen. Manche verbieten die Handynutzung während der Schulzeit ganz, die Geräte müssen komplett unsichtbar sein. Schaut auch nur ein Stück aus der Hosentasche heraus, werden die Geräte eingezogen. Andere bieten stattdessen Medienpausen oder Räume an, in denen die Handys ans Licht dürfen. Die Daumenregel: Je älter die Schülerinnen, umso mehr Ausnahmen werden zugelassen. Manche Schulen erlauben die Nutzung von mitgebrachten Smartphones im Unterricht, zum Beispiel um ein Projekt fertig zu machen. Es gibt auch eine Schule mit „Ein-Kopfhörer-Regel": Hier dürfen die Schülerinnen Musik hören, aber eben nur mit einem Stöpsel im Ohr, „um ansprechbar zu sein".

Was machen Medienpeers, Schüler-Medien-Lotsen, Medienscouts und Mediensecurity?

In Schleswig-Holstein gibt es verschiedene Medienpeer-Projekte. Dahinter steckt diese Idee: Gleichaltrige (oder etwas Altere) haben aus entwickungspsychologischer Sicht eine wichtige Bedeutung in vielen Bereichen der Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung junger Menschen. Das gilt auch für Medien: Die Peers kennen die Nöte und Sorgen, nutzen dieselben Apps und Dienste, sind „fitter" in der Mediennutzung als die meisten Erwachsenen. Die Scouts machen Workshops für Schülerinnen in Klassen jüngerer Jahrgänge, werden dazu von unterschiedlichen Trägern ausgebildet. Die Ausbildung erfolgt durch engagierte Lehrpersonen der Schule oder auch mithilfe außerschulischer Medienpädagoginnen.

• Eine Übersicht über die Medienscout-Ausbildungslandschaft in Schleswig-Holstein wurde von der Landeskoordinierungsstelle für Medienpeers in Schleswig-Holstein (AKJS e.V.) und der Initiative MEDIENSCOUT-NETZWERK SH zusammengestellt: www.medienscouts-sh.de

• Anlaufstelle für Medienscouts in Hamburg ist der Bürgersender TIDE, in Kooperation mit dem Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulent• wicklung (LI Hamburg): www.tidenet.de/mitmachen/jugendliche-kinder/ medienscouts

Unter dem Strich haben die meisten Verständnis dafür, dass es Regeln geben muss, um Ablenkung vom Unterricht zu minimieren. Genervt sind die Schülerinnen von absurden Umsetzungen: Handy-Nutzung ist verboten, aber Vertretungsstunden werden über die Schulapp mitgeteilt. Eine Schülerin sagt: „Strikte Smartphone-Regeln beißen sich offensichtlich damit, dass wir immer digitaler aufgestellt sein sollen!" Eine Lehrerin unterstreicht: „Es gibt auch eine Diskrepanz zwischen den jeweiligen Regeln und wie sie dann wirklich umgesetzt werden."

Die Scouts berichten davon, dass Lehrerinnen ganz unterschiedlich vorgehen: “Manche sind da ganz cool und schauen weg, wenn mal kurz ein Handy gezückt wird. Vielen ist es auch egal. Andere schleichen durch die Gänge, um Schülerinnen dabei zu erwischen. Die machen sich das richtig zur Aufgabe!" Das wird dann zu einem Katz-und-Maus-Spiel: „Superviele Schülerinnen gehen natürlich trotz Verbots heimlich ans Handy!"

Einigkeit herrscht in der Runde, dass reine Verbote nicht sinnvoll sind: „Wir müssen stattdessen erklären, wie ein besserer Umgang aussieht!", sagt Basti, ein Medienscout aus Neumünster. Der 17-Jährige besucht in dieser Funktion auch Grundschulen: „Damit müssen wir früh anfangen. Letztes Jahr war ich in einer 4. Klasse, da hatte knapp die Hälfte Smartphones. Dieses Jahr waren es fast alle!"

Die Scouts im Sofaraum sind sich einig: Bei Regelungen zur Handynutzung sollte es um mehr gehen als nur um die gestörte Konzentration im Unterricht. Sie stoßen auch Fragen des Jugendschutzes an. Ray zum Beispiel hat als Medienscout im Gespräch mit einer 6. Klasse gleich über zwei Fälle von Cybergrooming gesprochen: „Sie konnten sich anvertrauen, das hat ihnen sehr geholfen!" So sind die meisten Scouts durchaus für Altersgrenzen bei der Social-Media-Nutzung: „Es darf nicht sein, dass Zehnjährige TikTok-Videos hochladen, und das mit offenen Profilen", findet Fiete (15 Jahre) aus Lübeck.

Fiete, Basti und Lex (17 Jahre, wie Basti aus Neumünster) machen auch bei Teil 2 der Session mit: dem Aufstellen einer „kleinen Charta Mediennutzung" rund um Regeln und Verbote. Ein Anstoßgleich vorneweg von Fiete: „Macht mit bei den Medienscouts! Ergreift die Initiative, wenn es noch keine an eurer Schule gibt. Oder engagiert euch in bestehenden Gruppen." Basti sagt: „Nur zwei oder drei Schüler müssen einen Lehrer begeistern. Der muss dann die Schulleitung überzeugen - und schon wird gestartet." Lex fügt hinzu: „Das kostet wirklich nicht viel Geld, hat aber eine große Wirkung!"

Fiete, Basti und Lex (17 Jahre, wie Basti aus Neumünster) machen auch bei Teil 2 der Session mit: dem Aufstellen einer „kleinen Charta Mediennutzung" rund um Regeln und Verbote. Ein Anstoßgleich vorneweg von Fiete: „Macht mit bei den Medienscouts! Ergreift die Initiative, wenn es noch keine an eurer Schule gibt. Oder engagiert euch in bestehenden Gruppen." Basti sagt: „Nur zwei oder drei Schüler müssen einen Lehrer begeistern. Der muss dann die Schulleitung überzeugen - und schon wird gestartet." Lex fügt hinzu: „Das kostet wirklich nicht viel Geld, hat aber eine große Wirkung!"

7 Anstöße zum Umgang mit dem Smartphohe - von Basti, Fiete und Lex

1. Kinder dürfen nicht ohne Aufsicht der Eltern aufs Smartphone losgelassen werden!

Wir wünschen uns mehr Engagement von ihnen. Nicht nur die Kinder sollten in Medienkompetenz weitergebildet werden, sondern auch ihre Eltern. Es wäre zum Beispiel toll, wenn sie alle zu Beginn der weiterführenden Schulen einen Medienelternabend besuchen würden.

2. Ein sinnvoller Zeitrahmen für die Smartphone-Nutzung wäre:

Erstkontakt mit einem Smartphone in der 3. oder 4. Klasse.
Ab der 5. Klasse ein eigenes Smartphone - mit enger Begleitung der Eltern, zum Beispiel über “Family Link".
Von der 5. bis zur 8. Klasse ein langsames Heranführen an eine sinnvolle und sichere Mediennutzung, zum Beispiel durch Veranstaltungen der Medienscouts.
Ab der 9. Klasse ist die Nutzung eigenverantwortlich möglich, ohne weitere Regulierung oder Kontrolle.

3. Die elterliche Aufsicht/Kontrolle darf nicht missbraucht werden!

Eltern müssen begleiten, aber die Privatsphäre respektieren.

4. Regeln müssen erklärt werden.

Sie sollten auch nicht in erster Linie für Bestrafungen genutzt werden. Die Umsetzung sollte möglichst immer gleich sein - und nicht nach Lust und Laune durchgeführt werden.

5. Totalverbote an Schulen sind wenig sinnvoll.

Sie werden umgangen. Es sollten Orte oder Zeiten benannt werden, in denen Smartphone-Nutzung erlaubt ist: also Handyräume oder Handypausen. Je älter die Schüler*innen sind, umso mehr sollten sie ihre Smartphones nutzen dürfen.

6. Wir wünschen uns auch mehr Engagement von Lehrerinnen: Macht mit bei den Medienscouts! :)

7. Denn: Medienscouts sollte es an allen Schulen für alle Schülerinnen geben.

Für die Ausbildung der Medienscouts und für Technik und Geräte müssen deshalb ausreichend Mittel bereitgestellt werden.

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2024 "Alles verbieten!?" erschienen.

Gute Regeln bringen ins Gespräch

Wer als Erziehungsperson ernst genommen werden möchte, muss mehr tun, als nur Verbote aufzustellen.

as Sprechen über Regeln unterstützt dabei eine vertrauensvolle Beziehung zum Kind. Und die ist wichtig, damit es im Falle eines Konflikts oder Vorfalls bereit ist, seine Sorgen und Nöte mitzuteilen. Verbote allein hingegen erhöhen nur den Aufforderungscharakter, das Verbotene, in diesem Fall die „Neuen Medien", heimlich zu nutzen.

Medienverträge (zum Beispiel auf www.mediennutzungsvertrag.de) sind ein gutes Mittel, um gemeinsam über mediale Themen in den Austausch zu kommen. Wenn die Verträge definierte Konsequenzen enthalten, die mit den Kindern besprochen und vielleicht sogar von ihnen selbst vor geschlagen wurden, können Eltern diese besser einfordern!

Wirksamer als strikte Verbote sind mit Sicherheit der Austausch über und die Umsetzung von klaren Regeln. Regeln zu setzen aber bedeutet durchaus elterlichen Einsatz: Ich muss diskutieren, aushandeln, eigene Sorgen und Ängste definieren. Und auf lange Sicht durchhalten, wenn ich mit meinen Regeln ernst genommen werden will. Regeln führen aber, anders als Verbote, zu einem inhaltlichen Austausch.

Regeln sollten innerhalb einer Familie immer auf das jeweilige Alter der einzelnen Kinder zugeschnitten werden. Eltern sollten die Regeln auch untereinander besprechen damit möglichst Einigkeit in der alltäglichen Umsetzung gegeben ist. Schließlich müssen Regeln regelmäßig überprüft und, wenn nötig, auch angepasst werden.

Vier Sätze, die sich Eltern merken sollten

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2024 "Alles verbieten!?" erschienen.

scout 1/2023 "Mehr Demokratie liken"
Cover scout Magazin 1/2023:Mehr Demokratie liken

Digitale Medien können junge Menschen für Demokratie begeistern. Medienkompetenz hilft, sie vor Hass und Fake News zu schützen.

Die scout-Ausgabe 1/2023 können Sie hier aufrufen:
"Mehr Demokratie liken"

Medienkompetenz ist gut für die Demokratie 

Kinder und Jugendliche nutzen digitale Medien als Marktplatz der Meinungen. Und organisieren hier ihr gesellschaftliches Engagement. Genau deshalb ist Medienkompetenz so wichtig.

Marie lebt im Norden von Hamburg und geht in die dritte Klasse. Demnächst steht in der Grundschule ein Fußballturnier an, und ihre Mädels-Mannschaft muss sich auf ein Trikot einigen: „Blau mit Glitter“ oder „Weiß-Türkis“ stehen zur Auswahl. Die jungen Demokratinnen schreiten zur Abstimmung. Zwei stimmen für Blau. Fünf für Weiß-Türkis. Klare Sache? Von wegen: „Wir fanden das dann gemein, dass die beiden etwas anziehen sollen, was sie nicht wollen“, erzählt Marie. So wurde die Entscheidung vertagt, weitere Verhandlungen standen an. Nach ausdauernden Klärungsgesprächen entscheidet sich die eine Blau-Vertreterin, Weiß-Türkis eigentlich doch zu bevorzugen. Die andere gibt den Weg frei mit dem salomonischen Statement: „Ich finde Blau mit Glitter zwar besser – aber Weiß-Türkis ist auch okay.“

Demokratische Grundfertigkeiten – wie Zuhören, Besprechen, Abstimmen – werden hierzulande bereits im Kindergarten vermittelt. Demokratiebildung, da sind sich Expert*innen einig, kann eigentlich nicht früh beginnen. Doch trotz aller montäglichen Stuhlkreise ist die Demokratie selbst in Gefahr. Jedenfalls kann man das überall lesen: Social Media spaltet die Gesellschaft. Das Internet ist voller verführerischer Lügen und gefährlicher Fake News. In Kommentarspalten wird gegen Minderheiten gehetzt. TikTok spioniert uns im Dienste von Autokrat*innen aus. Wer digitale Dienste und Medien nutzt, läuft Gefahr, auf solche Inhalte zu stoßen.

Digitale Endgeräte sind aber nicht nur ein demokratiegefährdendes Problem – sondern zugleich auch dessen Lösung: Politische Jugendbewegungen wie Fridays for Future zum Beispiel wären ohne Chatgruppen und soziale Netzwerke kaum so schlagkräftig geworden. Überhaupt hätte noch vor 20 Jahren wohl niemand vom schwedischen Mädchen mit dem Protestplakat vorm schwedischen Parlament erfahren. Digital getriebener gesellschaftlicher Einsatz ist zudem voll im Trend bei jungen Menschen: 43,2 Prozent der befragten jungen Menschen des „3. Engagementberichts“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugendwerden als „digital Engagierte“ beschrieben – weil sie ihr Engagement "teilweise, überwiegend oder sogar vollständig mittels digitaler Medien ausüben“. Und: „Ein Viertel der jungen Menschen findet den Einstieg in gesellschaftliches Engagement über das Internet.“ Das Fazit des Berichts: „Digitalität erweitert nicht nur die Formen, sondern auch die Inhalte des Engagements.“ Ins Deutsche übersetzt, heißt das: Dank digitaler Medien entwickelt sich ganz neues gesellschaftliches Engagement, das es ohne diese nicht gegeben hätte.

Die Befragten erkennen auch selbst, dass das Netz voller antidemokratischer Umtriebe sein kann: Rund 29 Prozent wollen „die digitale Welt zu einem besseren Ort machen“. Was ja alles ganz wunderbar klingt – wär dafür nicht offenbar ein höheres Bildungsniveau Voraussetzung: „Das Ausmaß dieser Kluft im Engagement zeigt sich […] anhand der geringeren Beteiligung junger Menschen des Hauptschulzweigs an politisch-gesellschaftlichen Themen im Internet“, moniert der Bericht.

Einen positiven Schluss lässt er im Großen und Ganzen trotzdem zu: Die jungen Leute haben in großer Zahl Spaß am demokratischen Aushandeln, am Engagement. Sie wollen die Welt verbessern, auch die digitale. Sie sind nämlich überwiegend nicht, wie man manchmal liest, „demokratiemüde“ oder „desinteressiert“. Sie haben dazu online tolle Mittel an der Hand – und vielfältige Möglichkeiten der Vernetzung. Die Erwachsenen sollten deshalb, anstatt über das gefährliche, antidemokratische Internet zu klagen, ihren Nachkommen ruhig mehr (digitale) Mitbestimmung zutrauen. Dafür müssen aber die rechtlichen Rahmenbedingungen stimmen, damit junge Menschen weitest möglich vor Hass und Fake News geschützt werden und die oben geschilderten positiven Auswirkungen zum Tragen kommen können.

Freie Meinungsbildung und Meinungsäußerung sind die Basis für politisches Engagement und demokratische Teilnahme. Beides findet heute genauso offline wie online statt. Wenn Kinder schon früh den kompetenten Umgang mit digitalen Medien lernen – von ihren Eltern, in Kita, Schule und auch untereinander – ,dann ist das auch förderlich für eine gesunde Demokratie. Daraus ergibt sich eine einfache Formel: Medienbildung ist Demokratiebildung!

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2023 "Mehr Demokratie liken" erschienen.

Infografik: Zahlen, bitte!

Zahlen und Fakten rund um das Thema Demokratie im Netz.

Diese Infografik ist in scout-Ausgabe 1/2023 "Mehr Demokratie liken" erschienen.

Ist TikTok vieleicht so gut wie Arte? 

Ab wann können Kinder Demokratie lernen? Was muss Schule dafür leisten? Wie sieht es mit „digitaler Teilhabe“ und Chancengleichheit aus? scout spricht mit Pädagogik-Professor Heinz Reinders.

Wann fängt Demokratie an

Demokratie zu leben in ihrer ursprünglichen Form, die sich auch Kinder Stück für Stück aneignen, heißt, untereinander Interessen auszuhandeln, um einen für mehrere Seiten tragbaren Kompromiss zu finden. Kommunikation ist daher das wichtigste Mittel, das Kinder und Jugendliche nutzen, um in die Gesellschaft  hineinzuwachsen. Früher hieß Kommunikation zumeist: einfach losreden!

Dieser sprachliche Austausch ist nun – nicht völlig, aber doch zu einem großen Teil – in die sozialen Medien hinübergewandert. Deshalb müssen die Heranwachsenden diese neuen Kanäle beherrschen. Und lernen, die für dieDemokratie so wichtige Interessensaushandlung auch dort zu beherrschen.  

Medienkompetenz ist also wichtig für die Entwicklung von "Demokratiefähigkeit"?

Ja, genau.

Ab welchem Alter können Kinder erste "Demokratie-Erfahrungen" machen?

Ab dem Zeitpunkt, wo Kinder nicht nur selbst Bedürfnisse haben und äußern, sondern auch die Bedürfnisse anderer verstehen. Diese können ja ganz anders gelagert sein. Dann wird verhandelt. Das fängt im ersten echten sozialen Netzwerk an, nämlich unter Freundinnen und Freunden. Das sind Beziehungen, die auf Gegenseitigkeit beruhen. Weil man sich Freunde aussuchen kann. Oder auch sagen: Du bist nicht mehr mein Freund! Plötzlich müssen die Kinder unterschiedliche Interessen aushandeln und einen Konsens in der Gruppe finden. Ab diesem Moment können wir als Gesellschaft beginnen, die Entwicklung der Demokratiefähigkeit – oder Demokratiekompetenz – zu fördern. Wer gut spricht, setzt sich in digitalen Formaten durch.

Das heißt konkret?

Vier- bis Fünfjährige kommen damit prima klar. Es beginnt also kurz vor dem Einstieg in die Schullaufbahn.

Und wie soll die Demokratieförderung aussehen? Wer soll es machen?

Demokratie können wir nicht lehren – weil man sie erleben muss. Es gibt für alle Altersgruppen passende pädagogische Konzepte. Kinderforen oder Kinderparlamente in Kooperation mit kommunalen Gremien zum Beispiel. Solche Formate sind natürlich – und leider – nicht überall zu finden. In der Fläche gibt es aber sehr viel mehr Orte, um Demokratie zu üben und zu praktizieren: in Vereinen, bei Technischen Hilfswerken oder der Feuerwehr. Auch im Sport oder in religiösen Freizeitgruppen. Das sind wichtige Orte für die Entwicklung demokratischer Fähigkeiten, hier werden Impulse gesetzt. Kinder und Jugendliche arbeiten auch gerne gemeinnützig. Aber nur solange, wie sie sich ernst genommen fühlen. Unsere eigenen Studien haben gezeigt, dass gemeinnützige Tätigkeit im Jugendalter zu einer höheren Wahrscheinlichkeit führt, auch als Erwachsener im weitesten Sinne politisch aktiv zu werden. 

Zur Person:

Erziehungswissenschaftler Professor Heinz Reinders (Würzburg) forscht zu Sozialisationsprozessen in Kindheit und Jugend und war Mitglied der Sachverständigenkommission der Bundesregierung zum Dritten Engagementbericht mit dem Thema "Junges Engagement im digitalen Zeitalter".

Nun sind nicht alle Kinder in Vereinen...

Und deshalb müssen wir da die Schulen in die Pflicht nehmen. Und da ist es leider so: Ob Schüler*innen gute Impulse bekommen in Sachen Demokratie oder nicht, ist ein reines Glücksspiel. Das fängt schon bei der Ausbildung von Lehrer*innen an. Die Unis tragen da eine gewisse Mitverantwortung, dass Demokratieförderung nicht verlässlich in die Breite getragen wird. Lehrer*innen sollten selbst lernen, Schüler*innen zu trauen und Mitbestimmung zuzulassen. Dann müssen sie aber auch ein Stück Macht abgeben.  

Sie sagten ja, dass Miteinanderreden - als "Urform" demokratischen Aushandelns - in die digitalen Medien abgewandert ist? Ist das gut oder schlecht?

Da sage ich zunächst einmal, ganz trivial: Die Medien, die Netzwerke, sie sind da, und wir können sie nicht wegdenken. Auch wenn wir es gerne wollten. Das heißt dann: Wir müssen pädagogisch damit arbeiten. Da ist die erste Erkenntnis: Es geht nicht darum, wie wir uns die Nutzung vorstellen, sondern darum, wie Kinder damit umgehen, wie sie die Medien nutzen. Wir Erwachsene glauben, dass nur die ewig lange Arte-Doku wirklich Vertiefung bringt. 
Jugendliche schauen sich stattdessen vielleicht 17 TikTokClips zum Thema an – und lernen dabei Ähnliches. Es müssen nicht unsere Vorstellungen von Nutzung funktionieren, sondern ihre. Wenn wir es nicht schaffen, uns auf die Perspektive der Jugendlichen einzustellen, läuft meiner Meinung nach jede medienpädagogische Begleitung ins Leere.

Wenn man es positiv sieht, ermöglichen digitale Medien ja auch, für die eigene Meinung zu stehen oder Einfluss auf eine Debatte zu nehmen.

Ja, es gibt eine hohe Kompetenz, die sich in Liken und Reposten äußert. Es ist auch eine Kompetenz, im Digitalen echte Beziehungen zu pflegen, wie junge Leute das können. Übrigens erkennen Jugendliche, die sich selbst eine höhere Medienkompetenz zusprechen, sehr viel besser Fake News. Sie fühlen sich auch politisch viel kompetenter.

Politik muss verstehen, dass Demokratie ein Lebenskonzept ist und kein moralischer Gedanke. Dann richtet sich die Kinder- und Jugendförderung auch an den Lebenskonzepten Heranwachsender aus - und nicht an moralischer Besserwisserei. Medienpolitik wiederum muss verstehen, dass Mediennutzung alltäglich ist und unterschiedliche subjektive Funktionen erfüllt. Sprache auf dem Pausenhof ist zum Beispiel genauso ein Medium wie ein ‚Reel‘ auf Instagram oder TikTok. 

Das klingt jetzt doch sehr positiv.

Es hat aber auch einen großen Haken: Genau hier verschärft sich der „Bildungseffekt“: Kinder aus bildungsfernen Milieus werden im Digitalen noch sehr 
viel stärker abgehängt, als es ohnehin der Fall ist. Wer Deutsch als Muttersprache hat und aus einem bildungsnahen Milieu stammt, setzt sich mit seinen Bedürfnissen in den digitalen Formaten verstärkt durch. Das geht nämlich über die Sprache, zum Beispiel bei den „Hashtag-Bewegungen“ oder beim Crowdfunding. Ebenfalls in Posts und Kommentaren. Da profitieren diejenigen, die sich gut ausdrücken können. Das heißt, diese Gruppen we rden gehört, andere nicht. Ich sage es mal etwas verkürzt: Die Bedürfnisse von Hauptschüler*innen werden so nicht abgebildet, ihre Themen nicht angesprochen und nicht verhandelt. Diese Jugendlichen können sich weniger gut einbringen. Und was ist zu erwarten, wenn die sich später in die Demokratie einbringen sollen… Da mache ich mir schon Gedanken…

Was können wir tun?

Die Schule, in der wir alle Kinder zusammenbringen, hat den gesellschaft lichen Auft rag, demokratische Persönlichkeiten heranzubilden, die „mündigen Bürger*innen“. Da hilft mir höhere Mathematik auch nicht weiter. Ich würde mir also weniger fachlichen Unterrichwünschen, stattdessen mehr Demokratieförderung. Wir müssen das Thema Mediennutzung der Kinder und Jugendlichen in den Unterricht aller bringen. Das muss schon an den Unis im Rahmen der Ausbildung der Lehrkräfte beginnen. Ziel muss sein, die Kinder und Jugendlichen zu befähigen, sich in allen Kanälen auszudrücken. Und auch auszuhalten, dass mal Unsinn auf Instagram gepostet wird.

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2023 "Mehr Demokratie liken" erschienen.

9 Gebote für ein demokratisches Miteinander 

Achtung der Menschenwürde, freie Meinungsäußerung, soziale Gerechtigkeit und gelebte Solidarität – das alles sind wichtige Grundwerte unserer Demokratie. Digitale Medien bieten Chancen, die Grundwerte zu stärken. scout nennt neun Gebote, wie wir alle dabei mitmachen können.

1 - FRÜH BEGINNEN

Das Internet zu verstehen, hilft Risiken zu vermeiden! Die Lernmodule des Internet-ABC geben schon Grundschulkindern Orientierung im WWW – und auch für Eltern und Lehrkräfte gibt es Tipps und Materialien: internet-abc.de Um Fakes im Netz zu erkennen, muss Recherchieren gelernt sein: Für den Anfang empfehlen sich kleine Surfräume, zum Beispiel mit den Kindersuchmaschinen: blinde-kuh.de oder fragfinn.de Auch Kinder wollen online ihre Meinung sagen! Den geschützten Ort dazu finden sie hier: seitenstark.de/kinder/forum

Was ist Demokratie? Das erste Wissen rund um Politik liefert ein Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung: hanisauland.de

2 - INFORMIERT BLEIBEN

Auch jugendliche Surfer brauchen ihr Update Die Anlaufstelle für Jugendliche mit vielen Tipps, Informationen und auch kreativen Ideen rund um Smartphones, Tablets und Apps: handysektor.de Ein Instagram-Kanal gegen Hass, Fake News und Mobbing im Netz: #bitte_was Hilfe bei Stress im Netz: jugend.support Das Magazin „Fluter“ der Bundeszentrale für politische Bildung: alle drei Monate ein Heft, kostenlos, als PDF oder im Abo. Lese-Tipp: Heft Nr. 48 „Und wofür stehst du? Thema: Demokratie“, unter fluter.de lesen oder bestellen. fluter.de Oder für die Ohren … „Wird die Welt autokratischer? – Pause mit Demokratieforscherin Vanessa Boese“: fluter.de/podcast

3 - HASS IM NETZ ERKENNEN

Der hat im Netz nichts zu suchen! HateAid setzt sich ein für Menschenrechte im digitalen Raum – berät, gibt rechtliche Unterstützung und weist auf Missstände hin. Mit dem einen Ziel: Meinungsfreiheit im Netz wahren und Teilhabe ermöglichen: hateaid.org In den „Firewall“-Workshops der Amadeu Antonio Stiftung trainieren junge Menschen den Umgang mit Hass im Netz, Verschwörungserzählungen, Desinformationen und Rechtsextremismus. Das geht bundesweit, online und offline: amadeu-antonio-stiftung.de/ projekte/firewall

4 - HASS MELDEN

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum! Hass-Postings und Fake News können bei InternetAufsichtsstellen gemeldet werden! Zum Beispiel bei der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein (MA HSH): ma-hsh.de

5 - WISSEN NUTZEN

Medienkompetenz und Demokratie müssen in der Schule vermittelt werden Der Themenbereich Demokratiebildung von klick safe bietet Lehrmaterial zu Fake News, Verschwörungstheorien oder Desinformationskampagnen. Sehr zu empfehlen: das Arbeitsheft „#FitForDemocracy“, ab Klasse 8: klicksafe.de/demokratiebildung „So geht Medien!“ ist die gemeinsame Medienkompetenz-Initiative von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Auf der Website gibt’s kostenlos über 20 Unterrichtseinheiten für Schüler*innen im Alter zwischen 12 und 16. Mit dem Angebot „so geht MEDIEN – Grundschule mit Team Timster" in Kooperation mit dem KiKA wird auch die Medienkompetenz von Grundschulkindern gefördert: br.de/sogehtmedien

6 - FAKTEN CHECKEN

Unsicher, ob die Nachricht wahr oder falsch ist? Profi -Faktenchecker helfen weiter! Hier werden aktuelle Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft: correctiv.org und tagesschau.de/faktenfinder und mimikama.at

7 - ALLE MITNEHMEN

Mitbestimmen kann man lernen Es bestimmen ja eh immer nur die Erwachsenen … – Nein, auch Kinder und Jugendliche müssen gehört werden! Aber nur, wer Verantwortung lernt, kann auch Verantwortung tragen. Der Verein „aula“ vereint politische und digitale Bildung – für Kinder ab 10 Jahren, im Unterricht und außerschulisch: aula.de

8 - GEMEINSAM STARK SEIN

Mit vereinten Kräften lässt sich mehr erreichen! Das Netzwerk für Demokratie und Courage (NDC) ist ein bundesweites Netzwerk, getragen von Jugendlichen – für Demokratieförderung und gegen menschenverachtendes Denken: netzwerk-courage.de

9 - GEGENREDEN

Seine Meinung sagen zu dürfen, ist wichtig! Regeln dabei einhalten auch! Für eine bessere Diskussionskultur und mehr digitale Zivilcourage setzt sich der Verein #ichbinhier ein. Wie Counterspeech geht, wird zum Beispiel Schüler*innen beim Bootcamp@school gezeigt: ichbinhier.eu Beispiel Schüler*innen beim Bootcamp@school gezeigt: ichbinhier.eu

Dieser Artikel ist in scout-Ausgabe 1/2023 "Mehr Demokratie liken" erschienen.