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Kinder verbreiten (kinder-)pornografisches Material - was können wir dagegen tun?

Es sind teilweise krasse Bilder, die Kinder und Jugendliche über WhatsApp-Gruppen & Co. weiterleiten. Oft wissen sie nicht, dass dahinter Straftaten stehen. Heike Bredfeldt-Lüth von der polizeilichen Prävention aus Schleswig-Holstein klärt auf.


Heike Bredfeldt-Lüth ist Polizeihauptkommissarin. Seit 1990 ist sie bei der Landespolizei Schleswig-Holstein tätig und arbeitet derzeit in der Zentralstelle Polizeiliche Prävention. Zu ihren Aufgaben gehört die Umsetzung von bundesweiten und landesweiten Präventionsprogrammen und die Koordination von Präventionsmaßnahmen. Zudem ist sie Schnittstelle zum IQSH – Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein und stärkt die Zusammenarbeit von Schule und Polizei.


Im Sommer hat die Polizei Schleswig-Holstein die groß angelegte Digital- und Print-Kampagne „#nicht weiterleiten“ lanciert mit dem Ziel, die Öffentlichkeit vor sexuellem Missbrauch von Kindern in sozialen Medien zu sensibilisieren. Was war der Anlass?

Anlass waren die hohen Fallzahlen bei der Weiterleitung kinderpornografischer Schriften, insbesondere durch Kinder und Jugendliche. Wir haben innerhalb der letzten zehn Jahre in Schleswig-Holstein einen Anstieg von drei auf dreißig Prozent der tatverdächtigen Jugendlichen festgestellt. Das ist ein immens hoher Anstieg, der uns gezeigt hat, dass wir tätig werden und Kinder und Jugendlichen für dieses Thema sensibilisieren müssen.

Wie erklären Sie sich die gestiegenen Zahlen?

Wir haben in diesem Bereich noch keine Dunkelfeldstudie gemacht, um den Anstieg besser erklären zu können. Wir gehen aber davon aus, dass der Anstieg auf die verbesserten Ermittlungsmethoden zurückzuführen ist und ebenso auf eine geänderte Gesetzeslage. In den USA regelt ein Gesetz, dass Internetanbieter unmittelbar an die Behörden melden müssen, wenn sie auf kinderpornografisches Material stoßen – ähnlich ist es auch in Deutschland. Hinzu kommt, dass mittlerweile viele Kinder und Jugendliche ein eigenes Smartphone besitzen, was vor zehn Jahren noch nicht der Fall war.

Wie kommen Kinder an solche Bilder und was bewegt sie, das Material weiterzuleiten?

Wir müssen zunächst unterscheiden: Handelt es sich um Bilder, die selbst hergestellt und zum Beispiel im Rahmen von Sexting einvernehmlich innerhalb einer Partnerschaft verschickt wurden, oder handelt es sich um Cybergrooming und Kinder und Jugendliche wurden erpresst, die Bilder zu machen. Oder geht es sogar so weit, dass die Bilder den schweren sexuellen Missbrauch von Kindern darstellen.

Der genaue Ursprung der Bilder, also wie sie in WhatsApp-Gruppen oder dergleichen kommen, lässt sich teilweise gar nicht so einfach herleiten. Die Gründe, die Bilder weiterzuleiten, sind ganz unterschiedlich – häufig, weil es vermeintlich cool ist. Dabei sind sich die Kinder teilweise gar nicht bewusst, was sie da teilen. Die Bilder sind krass und oftmals stehen reale Straftaten dahinter.

Der genaue Ursprung der Bilder, also wie sie in WhatsApp-Gruppen oder dergleichen kommen, lässt sich teilweise gar nicht so einfach herleiten. Die Gründe, die Bilder weiterzuleiten, sind ganz unterschiedlich – häufig, weil es vermeintlich cool ist. Dabei sind sich die Kinder teilweise gar nicht bewusst, was sie da teilen.

Wie sieht die Gesetzeslage aus: Machen sich die Kinder mit der Verbreitung strafbar?

Es gab vor einiger Zeit eine Verschärfung der Gesetzeslage, nach der für das Herstellen und Verbreiten von kinderpornografischem Material eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vorgesehen ist und dementsprechend auch Jugendliche ab 14 Jahren, dem Alter ihrer Strafmündigkeit, betroffen sind.
Aber auch hier muss der Einzelfall betrachtet und gefragt werden, ob das Jugendstrafrecht Anwendung findet. Gegebenenfalls ist der Jugendliche auch eher Zeuge und hat Material bloß zugeschickt bekommen - und eben nicht Beschuldigter.

Es sind nicht nur die Kinder, die (kinder-)pornografisches Material verbreiten. Auch Eltern leiten, um andere Eltern darüber zu informieren bzw. zu warnen, die Bilder weiter und begehen damit Straftaten. Was wäre ein richtiges Verhalten?

Ganz klar: Nicht weiterleiten – das ist die Hauptbotschaft, die wir verbreiten wollen! Am besten aus dem Chat austreten und den Vorfall zur Anzeige bringen.

Es geht uns als Polizei nicht darum, Kinder zu bestrafen, die aus Unwissenheit etwas weitergeleitet haben, wir wollen die Pädophilen ermitteln, die die Bilder erstellt haben. Dementsprechend müssen wir klären, wie die Bilder entstanden sind.

Es gilt potenzielle Opfer zu schützen.

Was raten Sie Schulen, wenn Sie von solchen Vorfällen mitbekommen?

Ich empfehle, die Schulsozialarbeiter*innen mit ins Boot zu holen. Es handelt sich ja auch um ein sensibles Thema, über das nicht alle offen sprechen möchten und können. Auf keinen Fall totschweigen, sondern den Vorfall aufarbeiten.

Ganz wichtig ist es auch, die Medienkompetenz der Schüler*innen zu stärken und einen ausgeprägten präventiven Ansatz zu fahren.

Wie geht es mit der Kampagne weiter?

Im ersten Schritt haben wir die Öffentlichkeit sensibilisiert. Nun gehen wir weiter in Schulen und weisen auf die Thematik hin. Auch sind wir im Austausch mit der Uni Flensburg und dem IQSH, um die Lehrkräfte-bei der Aus- und Weiterbildung zu unterstützen.

Der Kampf der Polizei gegen die Verbreitung von kinderpornografischen Schriften erfolgt auch auf Bundesebene. So können sich Betroffene und Interessierte im Netz informieren - auf polizei-beratung.de und soundswrong.de.

Wir klären weiter auf!