Acht Fragen: Wie sind Kinder und Jugendliche online gut geschützt?

Für die 30. Ausgabe von scout haben wir Antworten auf Fragen rund um Kinder, Jugendliche und deren Mediennutzung eingesammelt, die uns alle interessieren. 

 



Gewaltfilme aus Kinderhandys - was tun?

Tipps von juuport.de 

  • AirDrop in der Schule und auf dem Hin- und Rückweg besser ausstellen.
  • Bilder oder Videos - vor allem von unbekannten Kontakten – einfach nicht anschauen, sondern direkt löschen.
  • Privatsphäre-Einstellungen nutzen: Bei WhatsApp kann man ein- und ausstellen, ob Inhalte automatisch heruntergeladen werden.
  • Die Polizei informieren: vor allem dann, wenn jemand eventuell akut gefährdet ist.
Welche Verantwortung haben die Social-Media-Anbieter?

Sebastian Schulze, Vorsitzender des Medienrats der MA HSH

„Nutzer*innen sollten wissen, wie die Dienste funktionieren, die sie zur Unterhaltung oder Information nutzen. Doch nicht nur die Nutzer*innen von TikTok, Instagram, YouTube & Co. sind gefragt – auch die Betreiber sozialer Medien tragen Verantwortung: Sie müssen aufklären, vielfältig informieren und schützen.

Die Algorithmen der Plattformen bevorzugen Inhalte mit hoher Interaktionsrate – also Beiträge, die oft aufgerufen, kommentiert und geteilt werden. Meist sind das emotional aufgeladene Inhalte – positiv wie negativ. So verbreiten sich auch Hassrede, Falschinformationen und überdramatisierte Inhalte leicht, die das gesellschaftliche Zusammenleben gefährden. Digitale Dienste müssen sich hier ihrer Verantwortung bewusst werden und handeln: Von einer wirksamen Alterskontrolle bis hin zum Vorgehen gegen unzulässige Inhalte und zu einer Reduzierung gesundheitsgefährdender Designs besteht akuter Handlungsbedarf.

Eltern und Lehrkräfte sind für einen kompetenten Umgang von Kindern mit digitalen Medien unerlässlich – aber sie können nicht all die Probleme allein schultern, die soziale Medien mit sich bringen.“

Wie erstelle ich ein sicheres Passwort?

Joachim Selzer, Chaos Computer Club (CCC)

„Perfekte Passwörter gibt es leider nicht, bestenfalls am wenigsten unbenutzbare. Sind sie kurz, werden sie leicht erraten. Sind sie lang, tippt sie kein Mensch freiwillig ein. Bestehen sie aus bekannten Wörtern oder Namen, können Menschen sie sich gut merken – aber Computer leider auch schnell knacken. Länge ist das Einzige, was bei Passworten wirklich zählt. Vergessen Sie die Regeln mit Großbuchstaben, Kleinbuchstaben, Zahlen, Sonderzeichen. Mein Tipp: die maximal zugelassene Länge eines Passworts nutzen und dafür beim Passwort auf die Zeichen beschränken, die ich auf jeder Tastatur schnell wiederfinde – also Buchstaben und Zahlen.

Eine Ausnahme bilden die sogenannten Passphrasen, die aus vielen Wörtern bestehen – dafür aber wieder so lang sind, dass nur Hartgesottene sie ständig einzugeben bereit sind. Für zusätzliche Sicherheit kann, wenn angeboten, eine Zwei-Faktor-Authentisierung sorgen. Und: Es ist keine Schande, Passwörter auf einem Blatt Papier zu notieren. Vorgaben, alle 30 Tage oder einmal pro Jahr ohne konkreten Anlass das Passwort zu ändern, sollte man besser ignorieren, das verwirrt nur unnötig. EIN TIPP: Wer wissen will, ob er/sie von einem Datenleck betroffen sind, kann hier nachschauen:

EIN TIPP
Wer wissen will, ob er/sie von einem Datenleck ist, kann hier nachschauen: 
www.haveibeenpwned.com

Was tun bei Cybermobbing?

Tipps von Lukas Pohland, Geschäftsführer von Cybermobbing-Hilfe e.V.

Für Betroffene

  • Ruhe bewahren und keine impulsiven Reaktionen zeigen.
  • Beweise sichern (Screenshots, Nachrichtenverläufe).
  • Vertrauenspersonen einweihen (Eltern, Lehrkräfte, Freund*innen).
  • Meldefunktionen der Plattformen nutzen und Täter*innen blockieren.
  • Unsere kostenlose Online- Beratung in Anspruch nehmen: www.cybermobbing-hilfe.de/beratung

Für Eltern

  • Offene Gespräche mit dem Kind führen, ohne zu verurteilen.
  • Gemeinsam nach Lösungen suchen und Unterstützungsangebote nutzen.
  • Mit Schulen oder Beratungsstellen Kontakt aufnehmen

Für den Freundeskreis

  • Betroffenen Unterstützung anbieten und nicht schweigen.
  • Keine Inhalte weiterverbreiten, die das Mobbing verstärken.

Für Lehrkräfte

  • Betroffene ernst nehmen und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.
  • Unser Schulprogramm nutzen, das Workshops und Präventionsmaßnahmen bietet: www.cybermobbing-hilfe.de/
  • Interventionsmaßnahmen an den Schulen etablieren, dabei hilft eine Checkliste von klicksafe: www.klicksafe.de/cybermobbing 
Hört uns mal zu!
Carolin, 16 Jahre: Wie lange hält dein Smartphone-Akku?

„Gerade hält er tatsächlich länger als sonst, denn ich mache seit ein paar Wochen eine SocialMedia-Pause: also kein Instagram, TikTok oder Snapchat! Ich merke bei diesen Apps nicht, wie die Zeit verstreicht, bleibe krass hängen. Sie nehmen viel mehr meiner Zeit, als ich möchte: Plötzlich sind wieder zwei Stunden weg!

Erstaunlicherweise fällt mir die Pause nicht so schwer, wie ich dachte. Klar, manchmal ist mir langweilig, und manchmal würde ich gerne gucken, welche neuen Beiträge meine Freund*innen gepostet haben. Aber mehr ist es nicht. Ich bin jetzt aber auch nicht besser drauf oder fröhlicher.

WhatsApp, Spotify, meine Spiele-Apps nutze ich aber weiter. Mal eine Zeit ganz aufs Smartphone zu verzichten, würde mich nerven, aber für ein paar Tage wäre es kein Weltuntergang. Insgesamt bin ich in den Ferien mehr am Handy als zur Schulzeit. In den Ferien können es schon mal drei bis vier Stunden am Tag sein, unter der Woche sind es eher ein bis zwei.

In der Schule arbeiten wir allerdings auch noch mit Tablets. Eine meiner liebsten, noch recht neuen Apps ist ChatGPT. Klar, man kann KI auch kritisch sehen, das tue ich auch. Aber ChatGPT kann einfach echt gut erklären. Und man kann zehnmal nachfragen, wenn man etwas genauer wissen will oder nicht verstanden hat. Und so fies es klingt: Manchmal verstehe ich da neue Inhalte tatsächlich besser als bei einigen Lehrer*innen.“

Warum sehe ich bestimmte Videos auf meinem Social-Media-Feed?

KI-Experte Colin Kavanagh, techagogics

„Dahinter steckt immer der Algorithmus! Überall, wo Plattformen Vorschläge machen für weitere Clips, Musik oder Filme, verbirgt sich ein programmiertes Verfahren, um Kund*innen genau hier möglichst noch mehr Zeit verbringen zu lassen. Der Algorithmus belohnt Bedürfnisse, denn in sozialen Netzwerken zählen Gefühle mehr als Fakten, das verstärkt Polarisierung: Ärgert mich eine Meinung besonders stark oder stimme ich einer schlichten, einseitigen Äußerung eines Kumpels besonders zu, reagiere ich mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf, egal ob positiv oder negativ. So bekomme ich immer wieder emotionale Inhalte zu sehen, die mich richtig wütend machen oder denen ich voll und ganz zustimme. So entstehen ‚Filterblasen‘, die vom Algorithmus erzeugt wurden.“

FRAG FINN
Die Kindersuchmaschine erklärt, was ein Algorithmus ist: www.juuuport.de/infos/lexikon/algorithmus 

Hören Alexa und Siri immer mit?

Andreas Beerlage, scout-Team

„Sprachassistenten hören tatsächlich immer mit. Doch die Verbindung zum Internet wird erst mit dem ‚Aktivierungswort‘ hergestellt. Der Sprachassistent hat also auch ohne Aktivierung die Ohren gespitzt – vergisst aber alles Gesagte sofort wieder. Daten fließen erst nach Aktivierung. Doch Vorsicht: Sprachassistenten haben in der Vergangenheit schon unaufgefordert Aufnahmen von privaten Gesprächen gemacht und sie weiterverarbeitet. Auch kann das Aktivierungswort unabsichtlich verwendet werden (oder ein ähnlich klingendes Wort) und so eine Aufnahme starten, die dann an den Server des Anbieters gesendet wird. Vorsicht: Auch Fernsehen oder Radio können eine Aufzeichnung auslösen. Wer das nicht möchte, sollte einfach den Aus-Knopf für das Mikrofon benutzen!“

MEHR ZUM THEMA
Sprachassistenten und Datenschutz gibt es hier: www.youngdata.de/a/sprachassistenten

Wie setzt man Grenzen?

Sandra Sodemann, Artdirektorin des scout-Magazins setzt klare Regeln

Digitale Medien üben einen enormen Reiz auf ihren siebenjährigen Sohn Tarik aus, sagt Sandra Sodemann, die das scout-Magazin seit Anfang 2023 gestaltet. Checker Tobi, Wallace & Gromit oder Nintendo Switch: „Tarik könnte den ganzen Tag vor dem Bildschirm hängen.“ Deshalb gilt: Medien nur am Wochenende. Und wenn Tarik unter der Woche fragt? „Konsequent bleiben!“, sagt Sodemann. Das sei manchmal gar nicht so einfach, aber mittlerweile sei sie eine stoische Nein-Sagerin. Glücklicherweise. Denn so hat Tarik viel Zeit für seine Hobbys: Ninjutsu, Schwimmen und Gitarre. „Außerdem malt er total gerne Superhelden“, erzählt Sandra. „Für den kleinen Roboter auf Seite 8 dieses Hefts hat Tarik mir die Vorlage geliefert.“